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Mal wieder eine Portion Geschichtsbewusstsein

Kehrseite futuristischen Interesses ist in letzter Zeit verstärkt ein Interesse für die Vergangenheit, das Abgleiten von Science-Fiction-Literatur in historische Literatur zum Beispiel bei Neal Stephenson, der Steampunk, aber auch Spielchen wie das der Fortschrittsdistanzmessung über die Frage, wie man einem Besucher von vor 100/500/1000 Jahren die Gegenwart erklären würde. Weiter gut in die Ecke passt die vor einer Weile durch einige Blogs durchgereichte spannende Frage: Was würdest du tun, wenn du unvorhergesehen ins mittelalterliche Europa des Jahres 1000 teleportiert werden würdest?

In einem monumentalen Kommentarthread bei Marginal Revolution schält sich heraus, dass das auf den ersten Blick naheliegendste Vorhaben, durch die eigene Herkunft aus einer irgendwie fortgeschritteneren Welt das Dunkle MIttelalter zu ziviliseren und sich Untertan zu machen, alles Andere als einfach sein dürfte. Die meisten Kommentatoren stimmen überein, dass man schon froh sein sollte, wenn man überhaupt ein zwei Tage nach dem Aufprall noch am Leben sei, so feindlich und undurchdringlich gerade auch für die eigenen noch so fortschrittlichen Lebensstilistika, Ideen und Vorhaben müsse ein Besucher aus der westlichen Moderne die genannte Umwelt der Vergangenheit erleben.

Es reicht nämlich nicht, die Skizze einer Dampfmaschine oder Wissen über die Quantenphysik im Kopf zu haben, wenn die notwendigen Materialien und Ingenieursgeräte nicht verfügbar sind, die vorherrschenden Infrastrukturen alles Fremde ausschließen oder schonungslos bestrafen, außerhalb unzugänglicher privilegierter Zirkel nur wie Vieh gelebt wird, die gesundeste konsumierbare Flüssigkeit Bier und jede Verbreitung moderner Hygiene ökonomisch völlig undenkbar ist, Gewalt und Mord den Alltag bestimmen und man außer ein paar Fetzen Schul-Latein eh keine Sprache beherrscht, die von irgendjemandem irgendwo verstanden wird.

Selbst ein Mediävist könnte sich überaus, überaus glücklich schätzen, wenn er der Teilnahme am Experiment mit viel Charade noch einige ziemlich entbehrungsreiche Lebensjahre als Schreiberling, Hofnarr oder Mönch abringen könnte. Alles in allem wäre die neue Umwelt historisch zu weit entfernt, um den eigenen Wundergeschichten oder nicht mehr wiederaufladbaren Gadgets mit Erfreulicherem als einem Stirnrunzeln oder einer Ermordung zu begegnen. Warum auch sollte man sich in eine solche Vergangenheit wünschen? Kann sich der Lebensstil, den sich auch ein Angehöriger niedrigster Klassen in der westlichen Moderne heute leisten kann, nicht durchschnittlich in seinen Sicherheiten wie seinen Luxusartikeln in vielen mit dem der höchsten Könige jener Zeit messen?

Tuesday June 24, 2008

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Kommentare

  1. Benni / 25. June 2008, 09:11 Uhr

    Die alte Mär vom “dunklen Mittelater” wieder aufgewärmt? Der Lebenstandard auch der “kleinen Leute” war über weite Strecken damals nicht so viel schlechter als heute. Und ganz sicher besser als der weltweit durchschnittliche Lebensstandard heute, schlieslich leben heute Milliarden in den Slums.

    Denk mal umgekehrt: Wäre es heute denkbar, dass über Jahrhunderte hinweg mittelgroße Städte Bauwerke wie die Kathedralen und Dome der damaligen Zeit ermöglichen? Hochgerechnet auf heutige technische Möglichkeiten? Der Weltraumaufzug müsste schon längst da sein.

    Im Hochmittelalter haben die Leute viel weniger gearbeitet als wir heute, haben nicht allzuviel kürzer gelebt wenn sie mal die ersten Jahre überstanden hatten und sind durch halb Europa gereist so wie wir auch heute.

    Aber trotzdem ein interessantes Gedankenexperiment wie man damals zurechtkäme. Als erstes wohl mal verkleiden und taub stellen. Ich würde versuchen mich als Gaukler durchzuschlagen (zum Glück kann ich leidlich jonglieren). Bizarr genug wäre man bestimmt für die damaligen Leute ;-)

  2. Christian / 25. June 2008, 11:26 Uhr

    @Benni: Das (jedenfalls für ein futuristisches Anliegen) Spannende ist eigentlich gar nicht mal so sehr, das Mittelalter ‘schlecht’, als die ‘Distanz’ klar zu machen, die die heutige Welt zur damaligen hat. Insbesondre geht es auch darum, dem Glauben die Luft zu nehmen, man bräuchte bloß mit einer tollen gegenwärtigen Idee in eine vergangene Epoche reinzuspazieren, und sie verwandele sich dann automatisch zur heutigen. Hürden wären wohl weitaus mehr als bloß der Mangel eines hellen Kopfes, Idee x bisher gehabt zu haben.

    (Diese argumentative Struktur kann man auch in andere Richtungen drehen, um zum Beispiel zu erklären, warum ein bisschen Gewitztheit und guter Wille wahrscheinlich längst nicht ausreichen, um aus Slum in der Dritten Welt herauszukommen.)

    Die Kathedralen, so schick sie sein mögen, sind kein Argument für ein ‘Bessersein’ des Mittelalters. Auch die Pyramiden sind toll, aber Sklavenarbeit ist nicht der Maßstab, nach dem wir uns richten wollen.

    Das ‘Dunkle Mittelalter’ ist natürlich in Teilen eine Abgrenzungskonstruktion aus der Neuzeit. Andererseits ist ein Ding wie das präsentierte Gedankenexperiment gerade der Versuch, außerhalb solcher Kategorien und Motive mit neuen Perspektiven Geschichte einzuordnen. Und da kommt das Europa des Jahres 1000 nunmal nicht so toll weg; ich wage sogar zu behaupten, nicht so toll weg selbst im Vergleich mit so manchem gegenwärtigen Slum.

    Eine wissenschaftlich sorgsame detaillierte Gegenüberstellung wäre freilich durchaus mal interessant.

  3. benni / 26. June 2008, 10:44 Uhr

    Was die argumentative Struktur angeht: Genau, das ist das spannende an solchen Gedankenexperimenten.

    Aber mit den Kathedralen hast Du nicht recht: Das war keine Sklavenarbeit. Zumindestens ganz bestimmt nicht mehr als heute (eher weniger). “Stadtluft macht frei” hiess es damals schliesslich nicht umsonst.

  4. Erik / 28. June 2008, 16:16 Uhr

    Hallo,

    @ benni, ich stimme dir zu, dass das Klischee von dunklen Mittelalter abgedroschen ist. Zahlreiche nachhaltige Entwicklungen fanden in der Zeit statt, vom Handwerk bis zum Städtewesen. Aber nichts desto trotz waren die Menschen aufgrund mangelhafter Bildung von mangelnder Hygiene, unheilbaren Krankheiten und Hunger geplagt. Ihre physische Konstitution war schon schwächer, als die unsere. In weiten Teilen Europas herrschten irrationaler Aberglaube und Gottesfurcht vor. Nicht zuletzt wegen derart eng gefasster Denkmuster wäre ein intelektueller Zugang nur bei einer verschwindend geringen Masse der Bevölkerung möglich. Die Kathedralen des Hochmittelalters, die übrigens erst rund 200 bis 300 Jahre später entstanden, waren eher Ausdruck religöser Verblendung, als guten Lebensstandards. Natürlich lässt sich heute, wo jeder selbstbewusst über seine Probleme nachdenken kann, eine vergleichbare Anstrengung nicht mehr durchziehen. Nicht zuletzt haben wir ja erkannt, dass unsere Probleme eben nicht durch große, gottgefällige Monumente behoben werden.

    Ich frage mich aber, ob die Situation umgekehrt ähnlich zu beurteilen wäre. Angenommen ein Zeitreisender käme aus der Zukunft. Wären die meisten Menschen heute durch ihre “zu engen” Denkmuster nicht ebenfalls unfähig, futuristische Ideen aufzunehmen? Ich meine, eine der naheliegensten Futurismen, die Stammzellenforschung z.B., wird ja heute schon wegen irrationaler (definitiv religös motivierter) Moralvorstellungen abgelehnt.

    Andererseits ist unsere Gesellschaft viel mehr auf die Zukunft ausgerichtet, als die vor 1000 Jahren. Sind wir durch Film und Buch nicht irgendwie besser darauf vorbereitet? Wären Forscher nicht dankbar für jede noch nicht gefundene Antwort?

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