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Antisozialdemokratische Utopie Grundeinkommen

Die Debatte über ein bedingungsloses Grundeinkommen schwallt mal wieder etwas mehr auf die letzten Tage; einerseits (gesamtgesellschaftlich natürlich eher irrelevant) in der deutschen Blogosphäre, bei wirres.net mit einem breiten Götz-Werner-vs-Politiker-Erfahrungsbericht und bei der Spreeblick in den Kommentaren zu allgemeineren Arbeitsüberlegungen, irgendwo im Erwerbstätigenspannungsfeld zwischen Lohnabhängigen und Selbständigen und der Digitalen Boheme ("Wir nennen es Arbeit" habe ich gerade zu lesen begonnen, später vielleicht hier mehr zu dem Buch), die ebenfalls personifiziert von Sascha Lobo zu dem Thema bloggt.

Interessanter erscheint mir jedoch, was außerhalb des holden Gartens der deutschen Blogosphäre diskursiv gerade in offizielleren politischen Räumen vor sich geht. Die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU hat jetzt das parteieigene Dieter-Althaus-Konzept eines 800-Euro-Grundeinkommens (minus 200 Euro Gesetzliche Krankenversicherung) prüfen lassen und für finanzierbar befunden; billiger als der jetzige Sozialstaat sei es irgendwie allemal. Während sich bei den Christdemokraten leichte Befürwortungsinseln herausschälen, scheint sich die Anti-Grundeinkommens-Liga diskursiv vom Vorwurf der Undurchführbarkeit zum schwächeren Moralargument herabzuhangeln; als die erbittertsten Grundeinkommensgegner zeichnen sich jetzt interessanterweise zur moralischen Verteidigung einer Lohnarbeitsgesellschaft heraneilende Kreise des Sozialdemokratentums aus Gewerkschaften und SPD ab: So wettert SPD-Generalsekretär Hubertus Heil etwa gegen die Idee als "konservative[r] Stillegungsprämie", und der in einem Spreeblick-Kommentar als "chefvolkswirt beim ver.di-bundesvorstand" vermutlich identifizierte Michael Schlecht holt in der taz gleich zur ganz großen Alarmierung seiner Klientel aus: "Die Überflüssigen entsorgt".

Und zwar zuerst mit der Ressentiment-Keule: "Weshalb sollen die Ackermanns ein Grundeinkommen erhalten, das sie nicht brauchen?"; "Gerade von neoliberaler Seite finden sich Protagonisten des bedingungslosen Grundeinkommens."; natürlich sei das Grundeinkommen nur eine fiese Idee des Kapitals, um die Arbeiterschicht auszuhöhlen, sich aus der sozialen Verantwortung ihr gegenüber zu reißen, und daher verdammenswert: "Mit einer fortschrittlichen oder gar sozialistischen Perspektive hat das nichts zu tun"; die "These vom Ende der Arbeit" hält er für unsinnig, wo doch soviel in der Gesellschaft offenkundig noch unerledigt sei, man müsse hierfür ja bloß, ja jetzt kommt der Sozialdemokrat ganz in ihm durch, so und so viele Milliarden halt mehr investieren in staatliche Beschäftigungsprogramme, um ein, zwei, drei Millionen Leute mehr in Lohnarbeit zu bringen. "Käme eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 bis 32 Stunden die Woche für alle hinzu, gäbe es Vollbeschäftigung, denn so ließen sich rund 5 Millionen Arbeitsplätze schaffen"; schöne heile Proletarier-Welt, nur: würde man das Geld indes fürs Grundeinkommen rauswerfen, hätte man gar kein Geld mehr für solche staatlichen Beschäftigungsprogramme!

Er wirft noch ein paar Marx-Zitate über die unüberbrückbare Notwendigkeit der Arbeit hinterher und meint damit natürlich vor allem die, die keiner machen mag. "Deshalb ist die Vorstellung einer absoluten Freiheit des Individuums eine Illusion; sie ist zutiefst unsolidarisch. Was ist der emanzipatorische Fortschritt, wenn ein WG-Mitbewohner sich von jeder Hausarbeit freistellen lässt und stattdessen sein Zimmer künstlerisch verschönt?" Also ich sehe da durchaus einen emanzipatorischen Fortschritt, aber ich bin ja auch lieber ein Individuum, anstatt im gutmeinend gelenkten Morgenrot-Kollektiv aufzugehen. Für ihn haben wir so nun die menschliche Arbeit fein säuberlich in produktiv-dreckige und unproduktiv-bourgeois-schöngeistige unterteilt und der Bergbauarbeiter-Klientel ihre eigene wärmende Wichtigkeit im industriellen Dreck zugesichert, auch wenn der unprofitabel geworden sein mag. Ach ja, und für die Weiterverwendung der WG-Deutschland-Metapher gibt es auch noch Abzüge.

Dass Drecksarbeit, die noch gemacht werden muss, dann eben besser vergütet werden müsse, damit mag sich der Sozialdemokrat aber wohl nicht anfreunden. Ihn interessiert eher das andere Ende der Lohnskala: Ein gesetzlicher Mindestlohn muss her! Dazu, ok, auch eine "bedarfsorientierte, menschenwürdige Grundsicherung in Höhe von 420 Euro zuzüglich der Leistung für das Wohnen". Arbeitszwang gern, aber verhungern muss natürlich niemand. Oder, nein, ich glaube ich habe das missverstanden. Fordert er jetzt nicht auch ein Grundeinkommen, nur halt ein im Gegensatz zum Modell von Althaus oder Werner mit Selbstrechtfertigungszwang ("bedarfsorientiert, menschenwürdig") vor einem Versorgungs- und Bevormundungsstaat versehenes? (Aber nein, Arbeitslosengeld II findet er dann schon zu gängelnd. Kann er also nicht gemeint haben.)

Die Sozialdemokratie sieht in der Idee des Grundeinkommens ihre Klientel und damit ihre Machtposition wegschwimmen, die so sehr mit einer (inzwischen nur leider historisch werdenden) Gesamtgesellschaft lohnabhängiger Arbeiter verquickt ist (und z.B. für Selbständige eher nichts übrig hat, man schaue sich nur das gänzlich auf abhängige Arbeit ausgelegte deutsche Sozialsystem an, das annehmen muss, der Selbständige sei per definitionem und automatisch entweder kein Selbständiger oder aber ein rundum ausversorgter reicher Sack). Tragisch, tragisch. Sollte das Kapital dagegen sich wirklich so sehr am Grundeinkommen erfreuen: Nun, die Sozialdemokratie existiert marxistisch gedacht auch nur, weil sie dem Kapital beruhigtere Profitmaximierung ermöglicht; wenn das Grundeinkommen dann bessere Dienste leistet, wird sie halt abgedrängt werden. Michael Schlecht scheint das zu befürchten, daher wohl seine Panik.

Thursday November 2, 2006

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Kommentare

  1. albert / 02. November 2006, 13:07 Uhr

    richtig, michael schlecht befürchtet seinen untergang. genauso wie fritz kuhn und die sozialdemokraten. natürlich hier die spitze des ideologischen eisbergs, also insgesamt die “kritische elite”, die sich inzwischen in allen gesellschaftlichen entscheidungspositionen gemütlich gemacht hat. meine beobachtung, ihnen allen geht es inzwischen recht wohl. wenn ein alt-linker professor mit einem neuem volvo durch die gegend fährt und in einem noblen häuschen haust, dann weißt man, dass es mal wieder zeit wird.

  2. johnny / 02. November 2006, 14:19 Uhr

    Danke, besonders für die Zeilen zum (kaum vorhandenen) Status der Freien innerhalb des Sozialsystems.

  3. Thomas / 03. November 2006, 11:17 Uhr

    Sehe ich auch so, dass die SPD vor allem deshalb so aufgeschreckt agiert, weil sie sich historisch als Korrektivpartei versteht und hier ihre Pfründe bedroht sieht; zum anderen definiert sie sich historisch immer auch als “Arbeiterpartei” (ohne den weiteren Nimbus jetz, den der Begriff normalerweise mit sich bringt), bzw. vor allem über einen klassischen Arbeitsbegriff und sich mitunter daraus ergebender Implikationen (Arbeiterstolz, Anpacken-Können statt großbürgerliche Abwägungen, etc.). Dass das mit ihrer realen Ausrichtungen schon seit langem nicht mehr in eins geht, steht zwar auf einem anderen Blatt; aber gerade diese Fetischisierung des Arbeits/Arbeiterbegriffs dürfte mit dazu beitragen, dass die SPD hier keine Modernisierungen zulassen kann.

    Eigentlich auch nicht weiter erstaunlich; eine Partei, die sich seit jeher als Korrektiv versteht, die also grundlegend darum bemüht ist, dem Kapitalismus mit Schminke ein bisschen Sonnenschein ins Gesicht zu zaubern, um damit auch langfristig dessen unbedingte Instandhaltung zu garantieren, kann ja gar nicht anders als fortschrittsfeindlich zu sein. :D

  4. albert / 04. November 2006, 15:01 Uhr

    es ist schon ein paar jahre her, dass ich vom bedingungslosen grundeinkommen das erste mal gehört hatte. es war eine vorlesung, in der es um die zukunft der arbeit ging. und wie es allen mit der idee geht, so habe auch ich damals gedacht, es könne sich auch nur um eine sehr weit links ausgedachte spinnerei handeln. man versperrt sich gegen argumente und merkt garnicht, dass man in der ideologie der protestantischen arbeitsethik gefangen ist, die im zeitalter der industriellen revolution vielleicht irgendwie ihre daseinsberechtigung hatte…

  5. Klaus Gieg / 23. January 2008, 14:37 Uhr

    Hmmm, also mir kommt die gesamte politische Debatte um “Grundeinkommen”, “Grundversorgung” und wie man das noch nennt, reichlich weltfremd vor, wenn ich mir mal ansehe, was so in der wirklichen Welt passiert. Das Problem ist eher, dass die so weltfremde Politik dann den Menschen Vorschriften machen darf und Verbesserungen immer nur gegen die Politik erkämpft werden müssen.
    Da das aber wohl etwas zu allgemein klingt, lasst mich konkretisieren: Die Frage nach einem Grundeinkommen erledigt sich spätestens mit der ständig fortschreitenden Autonomie der Einzelperson gegenüber dem Staat, denn Allgemeine Bildung, Fachwissen oder jede andere Information, die früher knapp und teuer waren, sind mittlerweile massenhaft verfügbar und spottbillig; Krankheiten, die einmal unheilbar waren, verschwinden eine nach der anderen; regionale Solar-, Geothermie-, Blockheiz- etc. Kraftwerke machen die Wohltaten eines Bundesstaates fast schon überflüssig, Fortschritte in der Robotik ersetzen etliche menschliche Handgriffe, 3-D-Drucker können immer mehr nützliche Dinge herstellen usw.
    Wird nicht die Politik allmählich überholt? Kann sie uns in absehbarer Zukunft überhaupt noch etwas bieten, was wir nicht anderswo leichter bekommen?

  6. Philipp / 08. May 2009, 12:11 Uhr

    Hallo!
    Für meine Diplomarbeit benötige ich Teilnehmer für meine Umfrage zum Thema “Grundeinkommen” Es wäre super, wenn möglichst viele von euch an dieser Umfrage teilnehmen können. Der Fragebogen dauert etwa 10 min. und ist bestimmt sehr interessant.

    Einfach auf folgenden Link klicken und los geht’s:

    Umfrage Grundeinkommen

    Vielen lieben Dank!

  7. Martin Werner / 09. April 2010, 23:59 Uhr

    so schlecht ist das nicht. Das Problem ist, dass sich schlecht im vorfeld sagen läßt, wie die anreize auf die menschen wirken. Wobei einige Projekte darauf hindeuten, dass sich die Schere zwischen Arm und Reich durch ein Bedingungsloses Grundeinkommen verringert, wie zum Beispiel in Alaska, wo ein Grundeinkommen über den Ölreichtum finanziert wird.

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