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Sustainable-IT #10: Nachhaltigkeit und das Web 2.0

18:29 Uhr: Panel “Nachhaltigkeitsdefizite im Web 2.0”

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v.l.n.r.: Markus Beckedahl, Oliver Passek, Rolf Kersten, Jürgen Neumann

Oliver Passek eröffnet mit dem Argument: Da beide Begriffe, “Nachhaltigkeit” und “Web 2.0”, so enorm schwammig seien, müsste bei der Ineinanderverschaltung “doch eigentlich was Spannendes bei rauskommen”. Na schaunwirmal, noch bin ich ja sehr skeptisch, wie man das beides zueinander hingebogen kriegen will. Passek bittet das Panel darum, doch mal einen Versuch zu den beiden Begriffen und ihrer Kombination anzustellen.

Markus Beckedahl nimmt das als “Doppel-Buzzword-Bingo” entgegen. Für die exakte Definition von “Nachhaltigkeit” könne man ja die Wikipedia bemühen, für ihn hat es aber auf alle Fälle auch was mit “Offenheit und Freiheit für die Zukunft sichern” zu tun. (Der Mühe, nun auch noch das Web 2.0 definieren, entzieht er sich.) Nachhaltigkeits-Defizite im Web 2.0? Vergänglichkeit von Kontakten und Informationen durch die große Wechselhaftigkeit und Vielfalt der Dienste — dass man sich in jedem neuen Social Network seine Freunde neu zusammenklicken muss. Dass die eigenen Daten und sozialen Strukturen plötzlich eher Unternehmen gehören als einem selbst. Über derlei Punkte gelingt ihm dann doch von der Nachhaltigkeitsfrage recht bewundernswert elegant die kunstvolle Kurbel zu einigen seiner Lieblingsthemen, Datenschutz, Open [Allesmögliche] usw. Er macht auch die Frage ‘Zentralisierung oder Dezentralisierung’ auf, beides hat seine Vor- und Nachteile. Zentrale Anlaufstellen für Allesmögliche im Web 2.0 könnten viele der Flüchtigkeitsprobleme (Kontaktnetze immer wieder neu aufbauen müssen usw.) lösen, aber zugleich bedenkliche Abhängigkeit und totalitäre Schnüffel-Begehrlichkeiten wecken. Er wünscht sich die Etablierung guter Privacy-Mechanismen in Web-2.0-Diensten, und Passek fasst zusammen: “Identitätsmanagement für ein nachhaltiges Netz”.

Rolf Kersten dagegen konzentriert sich auf die Nachhaltigkeits-Herausforderungen, die das Web 2.0 ökologisch durch seinen erhöhten Energiebedarf produziert, durch das erhöhte Transfer- und Datenaufkommen, durch die Serverfarmen, die all die großen Web-2.0-Namen sich inzwischen halten müssen. Ein Lösungsansatz hierfür könnte auf stromsparende Energie-Effizienz durch Zentralisierung der Infrastruktur hinsteuern. Das wäre Nachhaltigkeit im Web 2.0 zugunsten der Umwelt; umgekehrt wäre es aber auch Nachhaltigkeit zugunsten des Web 2.0. Denn sollte seinem ungezügelten Wachstum ein ungezügelter Stromverbrauch folgen, würden die Stromkosten zu hoch werden, als dass das sympathische kleine Web-2.0-Start-Up von nebenan sich überhaupt noch einen Einstieg in den Markt leisten könnte. Das Web 2.0 braucht insofern schon ökologische Nachhaltigkeit, um überhaupt weiter florieren zu können. Den Argumenten für offene Standards, Open Access usw. (wobei er sich wahrscheinlich noch mehr auf den vorhergehenden Vortrag von Dr. Richarz bezieht als auf das Statement eben von Markus Beckedahl) schließt er sich aber auch an.

Jürgen Neumann kommt von der Berliner WLAN-Freifunker-Community und weiß deren Geschichte auch sofort geschickt auf die Säulen eines Nachhaltigkeitsdiskurses zu stellen. Die Notwendigkeit nämlich, den Freifunk in Berlin zu etablieren, folge aus einem Mangel an Breitband-Internetanschlüssen in bestimmten Berliner Gebieten, den u.a. höchst unnachhaltiges Wirtschaften der Telekom bezüglich ihrer Glasfaserkabelverlegungen zu verantworten habe. Zur Internet-Nachhaltigkeits-Frage allgemein interessieren ihn “systemische und organisationale” Aspekte, die Etablierung nachhaltiger Strukturen im Internet. Er glaubt an das Gute von “breit gestreute[n] Eigentumsstrukturen, eben weil eine dezentralisierte Infrastruktur nicht so leicht von der Bildfläche verschwinden kann.” Da haben wir also wieder den Komplex Zentralisierung vs. Dezentralisierung, er zieht sich auffällig durch alle drei Statements.

Eine Behinderung dezentraler Strukturen sieht Beckedahl zum Beispiel im gegenwärtigen Urheberrecht, das ja nicht nur jene berühmtesten Tempel der digitalen Dezentralitätskultur, die Tauschbörsen, behindert; sondern allgemein mit seinen geschlossenen Strukturen und Besitzverhältnissen das Zugänglichmachen von Kultur für die Zukunft; etwa, indem es Werke, deren kommerzielle Verwertung nicht mehr profitabel ist, von der Öffentlichkeit verschwinden lässt und so ein “digital dark age” einzuleiten droht. Existierende zentralistische Lösungsansätze zur Bewahrung der Kultur haben analoge Form — wie Bibliotheken — oder digitale Form — wie zum Beispiel das Internet Archive —, erscheinen aber nicht immer angemessen. So verweist er auf die Gesetzesforderung, jede deutsche Website gedruckt in der Nationalbibliothek aufzubewahren, was allerspätestens bei Websites wie der Wikipedia, die sich inhaltlich ständig verändert, ins Absurde fällt. Zentrale geschlossene Projekte sind für den Dienst der langfristigen Aufbewahrung und Zugänglichmachung von Kultur und Wissen problematisch. Der Lagerung in Geschlossenheit und Unzugänglichkeit stellt er das Modell freier Lizenzen entgegen und erläutert auch gleich nochmal die Creative Commons.

Auch Neumann sieht in mancher Eigentumsstruktur eine Unnachhaltigkeits-Bedrohung für das Netz. Er denkt da z.B. an die Frage der Netzneutralität, oder an die Vermischung von grundlegender Infrastruktur und zu bezahlendem Service. Die Situation erinnert ihn ans Aufstellen von Zollhäuschen entlang dem alten römischen Straßennetz im Mittelalter. Wenn man nicht die Freiheit, Offenheit der grundlegenden Infrastruktur schützt, drohen im Netz Erpressbarkeit, Kontrolle, Ausschluss, Zersplitterung. “Wenn das Internet zunehmend in der Hand weniger großer Konzerne ist […], wird es unser Leben in einer Form beeinflussen, die wir uns jetzt noch gar nicht vorstellen können.” Er plädiert im Abstrakten für Unabhängigkeit durch Dezentralisierung und im Konkreten für die Übertragung von Konzepten wie Creative Commons, freien Lizenzen und Peer-to-Peer-Dezentralisierung auf die Netzinfrastruktur selbst. Er geht sogar noch einen Schritt weiter: Er plädiert für “open hardware”.

Auf Bitten Passeks vertieft Kersten nochmal die Web-2.0-Energie-Problematik. Durch das Web 2.0 wachsen die Datenmengen ins Ungeheure. Er hat letzterzeit mit Leuten gesprochen, die darüber nachdenken, ihre gesamte digitale Identität, Daten usw., im Netz zu backuppen. “Wenn jetzt die ersten anfangen, darüber nachzudenken, ist das in fünf Jahren Standard.” Die persönliche Festplatte wird dann obsolet, die gigantischen Datenmengen wandern ins Netz. Nur, wo, bei zentralisierten Dienstanbietern? Man trägt sein digitales Leben auf dem iPod herum und hält sich ein Backup bei Google. Oder die vielen kleinen Start-Ups, die bei Amazon-S3 ihre Daten und ihre Infrastruktur ablegen. So abhängig von einer verwundbaren Stelle mit viel Macht und Kontrolle möchte man sich dann aber vielleicht doch nicht machen. Vielleicht lieber in zwanzig Kopien mit verschiedenen Zugangsschlüsseln an verschiedene Stellen im Netz replizieren, schön dezentral? Ein Einwurf aus dem Publikum fragt, ob es da nicht angebracht wäre, einfach eine bessere Selektion der Daten durchzuführen, die man ins Netz gibt, um die Datenmenge nicht ins Ungeheure anwachsen zu lassen; eine Beschränkung auf das Wichtige wäre doch nachhaltiger. Naja, denk ich mir, diese Forderung kann nur aus einem sehr idealistischen Menschenbild und einem sehr spezifischen Begriff des “Wichtigen” rühren. Im Zweifelsfall sichere ich lieber etwas, als es wegzuschmeißen, Speicher für den Einzelnen ist billig.

Beckedahl sieht in gewisser Weise das größte Nachhaltigkeitsproblem im Umgang mit dem Netz in “Politiker[n], die nicht wissen, worum’s geht”, die in mangelhaftem Verständnis der digitalen Sphäre für diese Gesetze schaffen, die ihr unangemessen sind und so drohen, die Zukunft eines freien und offenen Netzes zu verbauen. Er hofft auf einen anhaltenden Trend zur Offenheit und “auf ein nachhaltigeres Urheberrecht oder ein Urheberrecht, das zu mehr Nachhaltigkeit beiträgt.”

Und damit ist das offizielle Diskursprogramm vom ersten Tag der Sustainable-IT beendet.

Restabend

Ich diskutiere im Foyer mit anderen Menschen die Technologische Singularität, Geek-Aktivismus und die Namensgebung des Topic-Map-Programmes Deepa Mehta, an dem mich schon immer verwundert hat, dass es den Namen einer indisch-kanadischen Filmemacherin trägt. Dann geht’s auf den Heimweg.

Wednesday October 17, 2007

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