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Das egoistische Gen

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Die deutschsprachige Ausgabe des Buches ...
Evolution ist eine viel zu interessante Idee, um sie bloß der Tierkunde zu überlassen. Man muss sie abstrahieren und viel breiter ansetzen. Folgerichtig macht der Evolutionstheoretiker Richard Dawkins in seinem Werk "The Selfish Gene" (1976/89) nichts Geringeres, als alles von den ersten Atomen im Universum bis zur menschlichen Diskurskultur elegant-logisch aus ihr zu herzuleiten. Nebenbei rechtfertigt er rational-egoistisch Altruismus, updated Darwin auf die intellektuellen Paradigmen des digitalen Zeitalters und legt als Bonus die Befreiung menschlichen Seins von den Klauen der Natur noch oben drauf.

Evolution

Natürliche Auslese, das ist für Dawkins zuallererst das Fortbestehen per definitionem -- und daraus langfristig folgende Vorherrschen von -- (relativ) stabilen Anordnungen gegenüber (relativ) instabilen. Informationell wie mathematisch abstrahierbar und statistisch zwangsläufig. So finden sich als die stabileren Anordnungen irgendwann Atome, irgendwann aus diesen auch Sonnensysteme, Planeten, Galaxien zusammen. Auf (mindestens) einem Planeten organisieren sich eben so im Chaos seiner Ursuppe Moleküle zu Gebilden, derer jene am beständigsten sind, die die sie umgebenden Strukturen -- also auch schwächere Konkurrenzformen -- am wirkungsvollsten für den eigenen Erhalt oder zur Nachbildung ihrer selbst rekonfigurieren.

Über Milliarden von Erdjahren bildet sich so die hochkomplexe Molekülanordnung 'Gen' heraus, die zu Schutz, Erhalt und Replikation ihrer Struktur Zellen und darin werkelnde Proteine erzeugt; diese wiederum zu "survival machines" organisiert, 'Lebewesen', die mitsamt ihrem Programmiercode, dem Gen, zu immer fähigeren Erfüllern einer Aufgabe mutieren, dem Erhalt und der Verbreitung von so viel als möglich ihres eigenen Gencodes. Als besonders stabil -- weil dieser Aufgabe gegenüber Konkurrenten besonders hilfreich -- erweisen sich bei einigen dieser Überlebensmaschinen Mechanismen, die ihre Träger in Echtzeit (anstatt erst evolutionär, über viele Generationen hinweg) auf Veränderungen in der Umwelt reagieren und bald auch von diesen lernen lassen: Nervensystem, Gehirn, Instinkt, Gefühl, Intelligenz.

Egoistische Nächstenliebe

Der evolutionär zwangsläufige Egoismus des Gens, das fortbesteht und sich verbreitet, reproduziert sich natürlich in der aus ihm kompilierten Maschine, dem Lebewesen. Doch wie, fragt Dawkins, erklärt sich dann der Altruismus, der sich nicht nur beim Menschen, sondern auch bei Tieren oft zu zeigen scheint?

Die auch evolutionistisch daherkommende These vom Individuum, das sich aus genetischer Programmierung heraus 'for the greater good' der eigenen Rasse aufopfere, missfällt Dawkins. Eine Hierarchisierung, die das Individuum unter die Rasse stellt, lehnt er ab: Denn das Individuum ist in jeder seiner Zellen Produkt exakt der gleichen Gene und somit einem in sich geschlossenen genetischen Fortbestands-Egoismus
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... und hier das englischsprachige Original, das ich eigentlich gelesen habe.
nach ausgerichtet. Die Gesamtheit einer Rasse dagegen ist genetisch zu heterogen, um sich widerspruchslos für Erhalt und Weiterverbreitung eines identischen Gencodes einzusetzen. Einen gewissen Altruismus aufgrund biologisch bewusster genetischer Verwandtschaft akzeptiert Dawkins zwar; allerdings bemüht er sich, mathematisch über Durchrechnung von verschiedenen Verwandtschaftsgraden nachzuweisen, dass sich dieser Altruismus nennenswert nur auf recht enge Familienbande auswirken dürfte.

Viel interessantere Argumente für einen Altruismus (oder zumindest etwas einem Altruismus Ähnlichem), der sich direkt aus genetischem Egoismus herleitet, findet er mittels mathematisch durchdeklinierter Spieltheorien. Er konstruiert beispielhafte Situationen, in denen Gene für verschiedene Verhaltensweisen mittels ihrer Überlebensmaschinen über begrenzte natürliche Ressourcen für ihre Reproduktion konkurrieren. Wenig überraschend, dass völlige Selbstlosigkeit hier meist hoffnungslos unterlegen ist. Doch je mehr er seine Simulationen der Komplexität und Differenziertheit annähert, die eine reale Umwelt und Jahrmillionen genetischer Mutation an Verhaltensweisen und Strategien erzeugen, desto komplexer und differenzierter werden auch Auswahl und Gleichgewicht wirksamer und sich somit evolutionär durchsetzender Strategien. Die evolutionär stabilen Strategien, die am Ende bei ihm herauskommen, wirken zuweilen bemerkenswert altruistisch und sind dennoch stets Ergebnis knallharter, nicht notwendig bewusster, eher durch endlose Abschleifung an der Realität durchgeführter, Abwägungen über Kosten und Nutzen und Chancen und Risiken von Handlungsweisen.

Allmacht der genetischen Evolution?

Man könnte hier nun aufhören und einfach alles, was Leben auf der Erde verrichtet, evolutionär auf die Gene zurück zu führen versuchen. Dawkins selbst geht so weit, einen "extended phenotype" der Gene zu behaupten, d.h. nicht nur die Ausformung der Lebewesen selbst als Manifestation der Gene darzustellen, sondern auch die Ausformungen der Umwelt, die von diesen Genträgern aus genetischer Programmierung heraus durchgeführt werden. Sieht man das Gen als eine molekulare Anordnung an, die die sie umgebenden Strukturen reorganisiert, warum dann beim Lebewesen die Grenze setzen, wo doch schon die Zelle selbst bloß vorteilhaft angepasste Umwelt ist?

Doch man täte dem intellektuellen und philosophischen und utopischen Potential von Dawkins Werk Unrecht, wenn man es bloß als neodarwinistische Neuerzählung der genetischen Evolution irdischen Lebens lesen würde, hier halt ausgerichtet an modernen Paradigmen und Ideen der Informatik, Simulation, Spieltheorie, Selbstorganisation. Nicht bloß zur besseren Kompatibilität mit und ergo Darstellbarkeit in diesen Konzepten abstrahiert er die biologische Evolution auf ein Core Wars von zu reinen Programmcodes geronnenen Genen. Im Gegenteil, indem er die genetische Evolution derart abstrahiert, sucht er zugleich nach ihrer Überwindung.

Vom Gen zum Mem

Die menschliche Kultur rein genetisch-evolutionsbiologisch zu begründen, hält Dawkins für nicht ausreichend.[1] Er glaubt, in der menschlichen Kultur eine neue Art von Evolution am Werk zu sehen. Von Neuem eine Evolution informationeller Anordnungen, derer jene sich gegenüber ihren Konkurrenten durchsetzen, die
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Ed Sexton scheint sich in "Dawkins and the Selfish Gene" (das sich vielversprechend einer Buchreihe "Postmodern Encounters" zuordnet) um einen eigenen kritischen Nachvollzug von Dawkins Thesen und ihre Verteidigung in den diversen sich an ihr und gegen sie abarbeitenden Diskursen -- sowie auch deren geistesgeschichtliche Einordnung -- zu bemühen.
sich am Besten zu erhalten und am Effizientesten zu replizieren und für diese Zwecke die sie umgebenden Strukturen zu optimalen Gefäßen ihrer selbst zu formen wissen. Eine Evolution jedoch, in der diese Anordnungen nicht mehr "Gene" heißen, sondern "Meme".

Die genetische Evolution hat mit dem Denk-Apparat Gehirn und den Mechanismen der Kommunikation einen abstrakten, ideellen, intellektuellen Raum eröffnet, der für Dawkins nun eine neue Art von Ursuppe darstellt, die wie die irdische Ursuppe Mutterleib für eine ebenso neue, werdende Evolution darstellt. Ebenso wie die noch ungefestigten, höchst instabilen frühen Gebilde in der Ursuppe scheint auch das Mem noch sehr unspezifiziert, doch möglicherweise ist der Vergleich mit der konkreten biologischen Evolution in seiner Erwartung an eine spezifizierbarere Form für das Mem auch arg strapaziert. So oder so lässt sich das Mem nur grob umreißen als die Einheit einer Idee, eines Gedanken oder Gedankengangs oder einer konkreten gedanklichen Verknüpfung, einer Denkweise, eines Verständnisses, einer Assoziation oder auch größeren Strukturen von alledem. Wo Dawkins das Gen zumindest noch als einen variablen Abschnitt in einer dennoch diskret in kleinste Einheiten zerteilbaren molekularen Anordnung zu definieren wusste, scheint das Mem noch schwerer und gewiss nicht so eindimensional-linear festzumachen.[2]

Hoffnung

Die Evolution der Meme überlagert die der Gene, überwindet sie vielleicht sogar.[3] Doch das Prinzip der Evolution selbst bleibt erhalten. Wo Dawkins Ansätze der Messbarkeit von Memen zu finden glaubt, schaut die memetische Evolution der genetischen sogar erstaunlich ähnlich. Selbst den Vergleich von großen Religionen als hochstabilen und verbreitungsfreudigen Memen mit Virenepidemien kann er sich nicht verkneifen.

Dennoch hofft Dawkins, dass die Überwindung der genetischen Evolution sich wohltätig für uns als Lebewesen auswirke. Denn: Gene sind blind für die Zukunft, sie können nicht vorausdenken und planen, sie können nur, extrem langsam über Generationen hinweg, reagieren. Die Intellektualität des Menschen hingegen kann ihn motivieren, Strategien sich zurechtzulegen, die als bloße Reaktion keinen Sinn machen würden, aber langfristig gegenüber ihren bloß reagierenden Alternativen viel größeren Nutzen bringen (was er beispielhaft an verschieden effizienten Algorithmen fürs Durchspielen des Gefangenen-Dilemmas vorführt).

Doch die Meme sind nicht weniger egoistisch als die Gene, und in ihrem Verhältnis zu ihren Trägern ganz anders geartet. Memetische Evolution ist nicht mehr direkt vom Wohl individueller menschlicher Träger abhängig; ein langfristig seinen Trägern schadendes Mem kann erfolgreicher sein als ein langfristig seinen Trägern wohltuendes; die menschliche Geschichte umfasst genug Beispiele für Meme, die großen Erfolg hatten, ihren menschlichen Trägern aber langfristig Unglück brachten. Es braucht nicht viele Schüsse ins Blaue, um zu mutmaßen, dass Dawkins fürs Wohl der Menschen auf Meme der Aufklärung, Rationalität, Selbstreflektion setzt; aber kann man sicher darauf vertrauen, dass sie evolutionär das Rennen machen werden?

Dawkins selbst scheint hierüber ins Zweifeln zu gelangen: Ans Ende seines Mem-Kapitels setzt er eine Hoffnung auf eine Emanzipation nicht nur von der genetischen Evolution, sondern auch von der memetischen.
Nur wie?

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Derzeit bringt sich Dawkins, der das Territorium der Wissenschaft durch Intelligent-Design'ler angegriffen sieht, vornehmlich als atheistischer Polemiker wider religiösen Glauben ins Gespräch; was wohl in "The God Delusion", für das er auch gerade rege durch amerikansiche Talkshows tourt, seinen Höhepunkt finden dürfte.
[1] Auch wenn sein Konzept des "extended phenotype" so, wie er es in einem Zusatzkapitel skizziert -- nach eigener Auskunft grob und vereinfacht gegenüber seiner Ausarbeitung in seinem anderen Hauptwerk mit eben diesem Titel, "The Extended Phenotype" --, eigentlich eine Steuerung in diese Richtung nahezulegen scheint.

[2] Vielleicht könnte man über hyperkomplexe Simulation von Neuronenanordnungen und -kommunikationen theoretisch irgendwann Meme genau festmachen?

[3] Wenn ich den Dawkins richtig verstanden habe, müsste das Gen hierfür allerdings völlig überwunden werden. Würde die Menschheit sich nur noch über Klone reproduzieren oder gar die Vermehrung zugunsten von individueller Unsterblichkeit ihrer Körper aufgeben, würden die hierbei erhaltenen Gene ja trotzdem sich eben durch ihr Fortbestehen evolutionär bewähren, hätten halt einfach ein Maximum an Stabilität erreicht, über den Umweg der Intellektualität ihrer "survival machines". Würden wir dagegen, irgendwann nach der baldigen Singularität, unser Leben völlig auf nicht-genetische, maschinelle Strukturen verlagern, frei von jeder gentragenden Zelle, dann hätten wir die genetische Evolution zumindest für uns wohl überwunden.

Sunday June 4, 2006

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Kommentare

  1. MichaS / 25. January 2008, 12:18 Uhr

    Interessante Seite, gerade erst entdeckt. Grüße von der anderen Seite Deutschlands
    Micha

  2. Christian / 28. January 2008, 18:32 Uhr

    @MichaS: Thx, Gruß zurück :-)

  3. Erik / 16. March 2008, 13:17 Uhr

    Zum Thema “The God Delusion” habe ich bei YouTube gefunden:
    http://www.youtube.com/watch?v=Pm4HbqUKmY0

    - Richard Dawkins im Gespräch mit Stephen Sackur in Hardtalk.

  4. Jan / 08. September 2009, 07:52 Uhr

    Hallo !

    Ich bin auf der Suche nahc Literatur, die sich mit Fragen rund um das Thema “Leben im Kosmos” befasst. Es wäre sehr freundlichen von Ihnen, wenn Sie mir diesbezüglich interessante Titel mitteilen würden, wenn Sie solche kennen.
    Vielen lieben Dank dafür !

    Freundlicher Gruß
    Jan

  5. Christian / 11. September 2009, 16:18 Uhr

    Jan: Weil ich’s grade lese — “Der Mensch im Kosmos” von Teilhard de Chardin ;-)

  6. ingolus / 04. December 2009, 10:09 Uhr

    vermisse den Kommentar,dass weibliche Wesen aus Gründen des Überlebens ausgeprägter egoistisch sind.

  7. Julia / 07. December 2009, 21:38 Uhr

    Hey super, muss über Dawkins Buch ein Referat halten, da hilft mir dein Artikel sehr weiter!
    Danke. =)
    Gruß, Julia

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