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Web 2.0 Expo Europe '08 #12: Tim Visionär

[Bloggen von der Web 2.0 Expo Europe]

11.10 Uhr Uhr: Blogger Roundtable with Tim O’Reilly

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Kleiner Stammtisch für eine theoretisch ausgewählte Expo-Blogger-Runde, die aber bald rege durch Nahesitzende ergänzt wird, mit Tim O’Reilly, Brady Forrest und Jen Pahlka. Wobei natürlich Tim O’Reilly der Hauptgefragte ist.

Web 2.0 der Begriff stamme nicht ursprünglich von ihm, aber er sei mit der Idee des “internet operating system” aufgestoßen. Er verwende den Begriff auch nicht im Sinne einer Versionsnummer sondern (was gut zur Eröffnungsfrage von Andrea Vascellari passt, ob der Begriff “Web 2.0” nicht langsam out, quasi die Versionsnummer überholt sei?) im Sinne der zweiten Phase des Webs nach dem Dot-Com-Absturz, ursprünglich um darauf aufmerksam zu machen, dass das Web keineswegs wegen einiger finanzieller Zusammenbrüche verschwunden, sondern im Gegenteil, noch da sei, dass die zugrundeliegenden Mechanismen, der Wechsel zum Netz als Plattform, nicht abebben, sondern sich eher noch verstärken würden; auch wenn diese Netz-Plattform natürlich immer wieder große Veränderungen durchlaufe, etwa durch empfindliche Verschiebungen in der Dominanz seiner Knoten durch, früher, Großrechner, dann Heimcomputer und neuerdings wohl langsam Mobilgeräte, was natürlich auch immer wieder zu Erneuerungen in seinen Anwendungen führe.

O’Reilly mag es, dem Treiben von Hackern und Alpha-Geeks als Avantgarde für Kommendes zuzuschauen. Gerade spannend findet er z.B. Zeugs Richtung Photosynth (Rekonstruktion dreidimensionaler Räume aus einer Masse zweidimensionaler Fotos verschiedener Perspektiven) ermöglicht durch die Zusammenführung etwa aller Mobiltelephone weltweit als Milliarden verfügbaren Augen eines globalen Gehirns, das so natürlich ein ausufernd umfassendes Modell der Welt synthetisieren kann, die Verschaltung von Mobilgerät-Netzwerken zu Kollektivintelligenz-Anwendungen. Erwecken wir die Datenwolken zu Intelligenz und Leben, die sich aus der allgegenwärtigen Datensammlung durch mehr und mehr Messgeräte verdichten! (Profanerer Punkt: So lässt sich z.B. Produktdesign revolutionieren — nicht mehr ein paar individuelle Design-Experten betreuen das Reißbrett, sondern die Kollektivintelligenz der Konsumenten.)

Lloyd Davis fragt, ob/wie das Web Offline-Beziehungen bereichere, bzw. umgekehrt, Offline-Austäusche Web-Beziehungen bereichern mögen? Brady Forrest antwortet ganz einfach und logisch mit Aka Aki, während O’Reilly persönliche Anekdötchen über spontane Tweet-Ups an so exotischen Orten wie Griechenland auffährt. Und, Privatsphäre: Natürlich werden viele Menschen damit zu kämpfen haben, dass ihre Daten erstmal vergleichsweise unkontrolliert und unbedacht in den Äther rausfließen, aber mit der Zeit werden die Systeme lernen, werden den Gegebenheiten angemesse Informations-Kontroll-Mechanismen, “permissions” usw. sich entwickeln.

Von Lloyd Davis aus der Twittersphäre weitergereichte Frage: Wie haben die O’Reilly-Bücher das Web 2.0 beeinflusst? O’Reilly erinnert sich an eine Werbekampagne, die sein Verlag in den 1980er Jahren schmiss, wonach das Internet auf O’Reilly-Büchern gebaut sei; eben dies habe in den 1990er Jahren der Wahrheit entsprochen; heutzutage inzwishcen sei das nicht mehr so krass, heute lernen die Menschen untereinander und voneinander mehr und mehr nicht über Bücher sondern über das Web und O’Reilly spiele mit seinen Veröffentlichungen eher noch eine Rolle in der Kanonisierung von Technologie bzw. der einflussreichen Blicklenkung auf manches.

Jemand fragt, was er von Andrew Keens “Cult of the Amateur” halte? O’Reilly antwortet, er halte ihn für einen “self-serving idiot”, da gäbe es nur “attitude” aber “not any substance whatsoever in his book”. Das Internet macht uns nicht dümmer, sondern schlauer. Google ist eine gute Quelle für verlässliche Antworten (entsprechende Diskurs- und Medienkompetenz vorausgesetzt, ergänze ich mal), im Gegensatz zu dem vereinzelten Experten. Wenn du eine Frage hast zur Quantenphysik und die Wahl hättest, nur Stephen Hawking zu fragen, oder aber auch Leonard Suskind zusätzlich, oder gar die Kollektivintelligenz einer ganze Gemeinschaft von Physikern, wen würdest du da wohl fragen?

Hat “Social Media Marketing” (oder so) eine Zukunft? O’Reilly findet: ja klar! Nur haben halt viele Marketing-Firmen nie das “Cluetrain Manifesto” richtig gelesen und leiden infolge immer noch an falschen Kommunikationsmodellen.

Oliver von der Hermanngasse fragt nach den Auswirkungen der Finanzkrise aufs Web-2.0-Geschäft. Jen Pahlka sieht die Krise als Rezessionsdiät für Unternehmen. O’Reilly stimmt zu, Auslese, Konsolidierung, bricht dieweil Innovation halt anderswo aus, im Web 2.0 dagegen wohl vermehrt Augenmerk auf Effizienssteigerung und Kostensenkung, z.B. über Cloud Computing. Außerdem vielleicht größere Chancen für das in Web-2.0-Denkweisen noch unterrepräsentierte E-Kommerzen. Brady Forrest sieht in der Krise Chancen für eine größere Ausrichtung an der Konkretheit physikalischer Güter, siehe MOO.com.

Wie könnte die kommende Wahl eines neuen US-Präsidenten die Landschaft verändern? O’Reilly ist optimistisch für den Fall, dass Barack Obama gewinne (was er hofft). Er hatte wohl schon ein bisschen näher mit Einigen des Technologie-Teams der Obama-Kampagne zu tun und ist begeistert davon, wie gekonnt sie mit den neuen Medien und Dynamiken des Web 2.0 umzugehen wüssten und darüber Menschen zu breitem selbstorganisiertem Wirken in der Kampagne enabled hätten. Wenn Obama gewinnt, sieht O’Reilly eine größere Konzentration auf Informationstechnologie kommen. Mag sein, dass die Finanzkrise einige der ambitionierten Technologie-Pläne der Kampagne erschweren könnte, aber andererseits wurden gerade in Krisenzeiten oft großartige neue Industrien geboren.

Ein Holländer (oder so) fragt nach Verhaltensänderungen in der Branche aufgrund von O’Reillys Rede. O’Reilly sieht Verhaltensänderungen weniger aufgrund seiner Rede als der zu dieser führenden Entwicklungen kommen und längst passieren, denn was solle man sonst tun, wenn man keine Finanzspritzen von Investoren mehr bekomme, als sein wirtschaftliches Verhalten zu ändern; jetzt schlägt sie halt zu, die Kraft der evolutionären Auslese, und wer zu kurzsichtig auf Profit geschielt hat, anstatt sich tiefergehende Gedanken über die Möglichkeiten des eigenen Geschäftsmodells zu machen, nippelt da halt ab. Der Markt sei zyklisch, Dinge werden nach einer Weile zu modisch und zu leichtfüßig finanziert, zum Glücksspiel. Google dagegen, die hatten eine coole Idee und haben sie eifrig aufgebaut, obwohl der Markt in dem Moment sich für Suchmaschinen schon gar nicht mehr interessierte.

Oliver Berger fragt, wann “data portability”, also die Weitertragbarkeit eigener Daten von einem Dienst zum anderen, sich durchsetzen werde, und mit welchen Folgen? O’Reilly sieht da einen Entwicklungsprozess analog zur Durchsetzung von Freier Software: Es dauerte eine ganze Weile von Richard Stallmans erster Wortmeldung bis zur durchschlagenden Fundamentierung der Welt durch Freie Software. Das lässt sich nicht mit Gesetzgebung planen und auch nicht durch ideologischen Zwang durchsetzen. Eine Rolle spielen werden wohl eher unerwartete neue Dynamiken — so wurde der Aufstieg Freier Software durch die Verbreitung des Internets weitaus stärker gefördert als durch alle Predigten von Richard Stallman —, ein “way of life” der es zur natürlicheren, naheliegenderen, einfacheren, erfolgsversprechenderen Verfahrensweise macht. Irgendwann wird sich jemand irgendeine superattraktive Lösung oder Anwendung für irgendwas ausdenken, die von der Freiheit und Offenheit von Daten absolut abhängt, und darüber werden sie die Welt erobern. Der Wert von Daten bemisst sich mehr und mehr über ihre Verschaltbarkeit mit der großen grenzenlosen Sozialwolke; sicher, man kann seine Daten besitzen und sogar wegschließen, aber damit verringert man dann auch ihren Wert und verliert mehr, als wenn man sie frei herausgibt; “what we take out of the collective may become less valuable even to us”.

Das rückt das Gespräch naheliegenderweise in die Nähe der Fragen zur Privatsphären. O’Reilly ist nicht total post privacy, er hält Lösungen für Privacy für sehr wichtig. Er erinnert sich daran, wie Privatbilder seiner Tochter auf dem verruchten Valleywag landeten und geißelt Valleywag dafür, findet es schlecht, wie sie die neue Offenheit ausnutzen, findet, dass sie ihr mit ihrer Skandalberichterstattungsfreude einen Bärendienst erweisen. Aber das sei eben alles ein großer Lernprozess …

“We are building a global brain, and it’s gonna be flawed just like we are”, merkt er Richtung Schlusssatz an, stellt für dieses Perfektion in der Intelligenz und Brillanz und in der Dummheit und Idiotie des Internets nebeneinander, alles gleichzeitig.

Dann ist die Fragestunde vorbei und er merkt noch freundlich an, wer ihn Weiteres fragen wolle, könne ihm ja eine E-Mail schreiben.

Wednesday October 22, 2008

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