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Lektüre "The Singularity is Near" IV

(“The Singularity is Near” von Ray Kurzweil lesen)

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Chapter Three: Achieving the Computational Capacity of the Human Brain

In diesem Kapitel dreht Kurzweil die Zahlenmörderei richtig auf. Es soll mathematisch nachgewiesen werden: Dass dank Moore’s Law, in seiner Stabilität fundamentiert durch Kurzweils eigenes Law of Accelerating Returns, die Rechen- und Speicherkapazitäten des menschlichen Gehirns von unseren Maschinen binnen der nächsten Jahrzehnte ganz zwangsläufig eingeholt werden.

Zwei waghalsige Manöver fährt Kurzweil für dieses Ansinnen:

Erstens. Alles, was ihm vors Visier kommt, wird eifrigst quantifiziert, aufgelöst in Zahlen bzw. Zehnerpotenzen (jede zehnte Zeichenfolge im Text des Kapitels scheint eine Zehnerpotenz zu sein, und meist eine ziemlich monströse), die miteinander kommensurabel vor denselben Grundeinheiten stehen müssen: Bit, Berechnungen pro Sekunde, MIPS. Beim handelsüblichen Computer ist das nicht so kontrovers, da steht’s ja auf der Verpackung drauf. Spannender wird’s bei den biologischen Maschinen in unseren Köpfen. Neuronen werden gezählt und die Datenübertragungskapazitäten der Synapsen gemessen, die massive Parallelität der Rechenprozesse im Gehirn wird mathematisch aufgeschlüsselt, und das alles multipliziert sich zu, sagen wir mal, ziemlich, ziemlich großen Zahlen, die die künstliche Computermaschine dann erstmal erreichen muss fürs Eintreten der Singularität. An einer Stelle kann es sich Kurzweil auch nicht verkneifen, aus Untersuchungen über den aktiven Wortschatz von Shakespeare oder das Schachbrettstellungen-Gedächtnis von Schachweltmeistern die Speicherkapazität der menschlichen Erinnerung auf Zahlen diskreter Informationseinheiten (was der Memetiker wohl dazu sagen würde?) runterzuquantifizieren. Spätestens hier wirken seine Schätzungen etwas wackelig.

Aber er gibt selbst zu, es geht ihm mehr um ein ungefähres Annähern an Zehnerpotenzen mit erheblichem Toleranzbereich für einige Nullen mehr oder weniger hinten dran, weniger um eine exakte Zahl. Einige Nullen mehr oder weniger bedeuten nämlich nach Moores Gesetz auch nur ein paar wenige Jährchen mehr oder weniger bis zum Erreichen der Ziellinie, aber nichts, was die von Kurzweil für die 2040er eingeplante Technologische Singularität epochal nach vorne oder hinten verschieben würde.

Die kommt mit Moores Gesetz auf alle Fälle, und zwar, zweitens, weil Moores Gesetz trotz aller Schwarzredner noch eine ziemlich weitreichende glänzende Zukunft vor sich hat. Die Nanotechnologie macht’s möglich und erschließt der weiteren Verkleinerung und Beschleunigung der logischen Prozessoren und Datenträger schon jetzt zumindest im Labor diverse neue Konstruktionsprinzipien (dreidimensional-molekular, mit Nano-Röhrchen, DNA-Computer), die fürs Erste reichen sollten. Gegen Wehwehchen wie steigender Energieverbrauch oder höhere Fehleranfälligkeit durch die filigranen Strukturen gibt es bereits vielversprechende Lösungskonzepte. Uns steht quasi, konsequent zuende gedacht, der Weg offen, die Atome selbst als kleinste logische oder Daten-Bausteine zu gebrauchen.

Was ihm einige Vorlagen zum besonders prachtvollen Jonglieren von monströsen Zahlen bringt. So ein Stein enthält soundsoviele Atome, das wäre äquivalent zu so und so viel Datenspeicher- oder Prozessorkapazität. Und ein ‘ultimate laptop’, in atomarer Feinheit funktionierend?

If we relate that figure to the most conservative estimate of human brain capacity (10**19 cps [Calculations per Second, Anm. von futur:plom] and 10**10 humans), it represents the equivalent of about five billion trillion human civilizations. If we use the figure of 10**16 cps that I believe will be sufficient for functional emulation of human intelligence, the ultimate laptop would function at the equivalent brain power of five trillion trillion [sic! der Doppler, Anm. von futur:plom] human civilizations. Such a laptop could perform the equivalent of all human thought over the last ten thousand years (that is, ten billion human brains operating for ten thousand years) in one ten-thousandth of a nanosecond.

Das Zitat gibt einen recht guten Eindruck vom Kapitel in seiner Zahlenjonglage ;-) Da ist es dann natürlich auch wirklich egal, ob man für die Schätzung der Rechenpower des menschlichen Gehirns zwei oder drei Nullen mehr oder weniger ranhängt.

Doch was machen wir, wenn wir auf atomarer Ebene angekommen sind? Dann könnte Moore’s Law wohl wirklich die Stagnation erfahren, die ja auch Kurzweil selbst jedem Fortschrittsparadigma vorhersagt. Allerdings: Wer weiß, was uns bis dahin noch so einfällt, mit einer Intelligenz, die sich aus der Gesamtrechenpower der Atome unseres Sonnensystems oder unserer Galaxis oder des gesamten Universums speist. Wenn sich die subatomare Welt ebenso sinnvoll in Mathematik auflösen lässt, lässt sie sich vielleicht auch ebenso zur Computerei missbrauchen. Etwas abgehobener: Vielleicht lassen sich auch anderswo Grenzen überschreiten. Zum Beispiel in der Erhöhung der Lichtgeschwindigkeit (zur Datenübertragung im Lichtschaltkreis) oder nicht-Kausalität-verletzenden Informationszeitreise-Zeitschleifen.

Monday March 3, 2008

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