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Erst das Heil, dann der Atheismus

Richard Dawkins' Kreuzzug gegen die Religion wird aussichtslos bleiben, solange Religion eine erfreulichere Existenz verspricht als der Atheismus. Erst wenn die technisch-wissenschaftliche Zivilisation einen Himmel auf Erden hergestellt hat, wird der Himmel im Jenseits uninteressant.

Was ich unter anderem an Richard Dawkins' Evolutionsbuch The Selfish Gene bewundere, ist die große Eleganz der Argumentation. Ähnliches erwartete ich mir auch von Dawkins' Plädoyer gegen Religion, das er im britischen Fernsehen mit dem (durchaus höchst sehenswerten) Zweiteiler The Root of all Evil? begann. Doch der Wechsel des Mediums, der Eigensinn des Formats 'TV-Polemik', schien die Eleganz seiner Argumentation etwas abzudämpfen. Was ich von seinem dann folgenden multimedial ausufernden Kreuzzug gegen den religiösen Glauben durch Talkshows,
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"Der Gotteswahn" ist die gerade erschienene deutsche Übersetzung von Dawkins' "The God Delusion" ...
Bestsellerveröffentlichung, Webseiten, Gründung einer atheistischen Aufklärungsstiftung und Schlammschlachten z.B. bei YouTube mitbekam, schien mir von einer intellektuell ungünstig politisch eifrigen Rechthaberei durchzogen (wobei ich sagen muss, dass ich sein The God Delusion (noch) nicht gelesen habe).

Spontan versöhnt hat mich jetzt allerdings die Veröffentlichung eines ungekürzten Gesprächs Dawkins' mit dem zum Christentum rückkonvertierten Ex-Atheisten Alister McGrath (Google-Video-Link, Download-Link), das seinen Weg nicht in The Root of all Evil?, sehr wohl aber nachträglich auf Dawkins' Website und einen DVD-Release weiterer ungekürzter Interviews aus der Produktion dieser Sendung fand. Weit ab von den Gesprächen mit apokalyptischen Islamisten, homophoben Höllenpredigern und diskussionsfeindlichen Bibelpochern, die in The Root of all Evil? eine nicht unbedeutende religionsrepräsentative Position einnehmen (wobei, zugegeben, auch gemäßigteren, toleranteren und sachlicheren Gläubigen Raum gegeben wird), entfaltet sich hier über eine Stunde hinweg ein in seinen Positionen und Argumenten breiter und faszinierender Austausch zwischen einem Apologeten des Glaubens und einem Apologeten des Atheismus in großer Sachlichkeit und Zivilisiertheit.

Er verleiht Dawkins' Argumentation zur Glaubensfrage größere Kohärenz und Eleganz, als sie mir zuvor zu enthalten schien, legt aber IMHO auch das Hauptroblem seines antireligiösen Kreuzzuges offen:

Das Problem von Dawkins' Kreuzzug

Dawkins sieht in der Suche nach Wissen und Wahrheit einen die menschliche Existenz erfüllenden Selbstzweck. Er kann nicht verstehen, warum Menschen ein Gefühl der Sicherheit, der Geborgenheit und der Hoffnung übernatürlicher Erlösung einer Rationalisierung der Natur vorziehen würden wollen. So geht es zwischen McGrath und Dawkins hin und her: McGrath verteidigt wieder und wieder, sogar mit Marxens Wort vom Opium für das Volk, das Wohltuende der Religion für den Gläubigen, und Dawkins kontert verständnislos mit: Schön und gut, aber wo sind die Beweise, dass die Religion wahr ist? Der Mensch, so McGrath, wählt Religion als Erlösung von Unsicherheit und Verzweiflung ob der Grausamkeit der Welt. Der Drang nach Erkenntnis ist dabei für ihn zweitrangig.

Dawkins gesteht in seinen Schriften selber ein, dass die Religion ein höchst erfolgreiches Mem sei, ein Virus großer Verbreitungskraft und Beharrlichkeit. Doch stur setzt er das Mem der Vernunft und des Erkenntnisdranges dagegen und hofft, dass es dem Menschen als wohltuender sich offenbare. Er ist ein Wissenschaftler und verspürt eine große Faszination für die Komplexitäten der
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... aber besser als die Übersetzung ist natürlich immer das Original!
natürlichen materiellen und mathematischen Welt und kann nicht nachvollziehen, wie man diese Faszination nicht teilen, wie man die wissenschaftliche Welterkenntnis nicht als grandioser empfinden kann als die simplen und oft auch grausamen Märchen der Religion. Aber der gemeine Mensch hat Angst vorm Tod und dass das kümmerliche Leben, das er ertragen muss, alles sein mag. Warum sollte er Dawkins' atheistische Wissenschaftsfaszination teilen?

Impotenz des Rationalismus

Religion hat sich als Mem evolutionär durchgesetzt, weil sie eine erfolgsversprechende Strategie ist, individuell mit den Anforderungen der Welt klarzukommen. Rationalismus muss dasselbe leisten, um sich evolutionär gegen sie durchzusetzen. Rational zu erfassen, dass man ein hilfloser Spielball von Unterdrückung und Gefahren ist, ist nicht sehr attraktiv. Erst wo das rationale Denken größere Kontrolle der Welt ermöglichte und so im Diesseits das Wohl und die Sicherheit schuf, die die Religion erst fürs Jenseits versprach, konnte es Raum gegenüber Gott erobern.

Doch es gibt ein paar Dinge, die nach wie vor nur im Erlösungs-Versprechen der Religion, nicht aber als Ergebnis rationalen Denkens im Diesseits existieren; oder zumindest nur für einige existieren, nicht für alle. Ein in Wohlstand und Zufriedenheit lebender Mensch braucht nicht so viel durch Versprechen der Religion auszugleichen wie ein hoffnungsloser Hungernder oder Unterdrückter.

Auch Unsterblichkeit ist so eine Sache, die der Atheist leider noch nicht in seiner Tasche weiß. Der Gläubige schon. Mancher findet sich mit der eigenen Vergänglichkeit ab, aber im Grunde ist es eine Ungeheuerlichkeit, von Menschen zu verlangen, sich mit ihrem Ende im Tod abzufinden. Der Atheist tut das gegenwärtig mit dem Gläubigen, den er bekehren möchte. Kein Wunder, dass das Mem des Atheismus vielen Menschen als höchst unattraktiv erscheint. Da mag Dawkins noch so sehr von den mörderischen Gefahren der Religion sprechen. Was ist schon die Gefahr des Verlusts der körperlichen Hülle, wenn die unsterbliche Seele weiterlebt. Gegen ein bisschen Frieden und Wissen soll man die Unsterblichkeit der eigenen Seele austauschen? Das klingt wahrlich irrational.

Eine ferne (?) Lösung

Wenn Dawkins die Religion loswerden will, wird er es also nicht mit einem Predigen der Vernunft um ihrer selbst Willen schaffen. Das einzige Mittel, das Mem der Religion zugunsten eines Mems des atheistischen Rationalismus zu besiegen, sieht so aus: Den Menschen direkt das geben, was Religion ihnen verspricht. Sie durch Verbesserung der Lebensumstände aus einem diesseitigen Elendsleben emporheben und durch wissenschaftlichen, biotechnologischen Fortschritt ihnen das Geschenk der Unsterblichkeit machen. Klingt nach einer recht utopischen Voraussetzung. Aber die Menschheit von der Religion zu befreien, ist ja auch ein recht utopisches Ziel. Vorher wird's wohl nicht gehn.

Siehe auch bei futur:plom:
* Über Richard Dawkins' The Selfish Gene / Das egoistische Gen
* Das Ende des Alterns und die Unsterblichkeit
* Eine neue Begriffspolitik für "Intelligent Design"

Tuesday September 11, 2007

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Kommentare

  1. Markus Kleinbölting / 12. September 2007, 17:57 Uhr

    Es gibt noch keinen Gott…

    Atheismus ist viel zu anstrengend – die Kraft, etwas nicht existierendes abzulehnen, kann anderweitig viel besser angelegt werden.

  2. Christian / 13. September 2007, 14:18 Uhr

    Markus: Z.B.?

  3. Markus Kleinbölting / 13. September 2007, 22:14 Uhr

    Konkret:

    In unsere eigene, individuelle Entwicklung – frei von Zwängen und vorgefertigten Meinungen.

  4. tsu / 29. July 2008, 02:15 Uhr

    Nun mein lieber Markus, was hällt denn einen religiösen Menschen ab sein Leben individuell und frei von Zwängen zu gestallten?…

    Oder anders: Kannst du dich trotz all der Gesetze und gesellschaftlicher Normen, trotz deiner (grossteils in der Religion begründeten) Moral, völlig frei und ungezwungen entfallten und entwickeln?

    Die völlige Ablehnung der Existenz einer Art von Gott, ist( in meinen Augen) keine atheistische Denkweise, sondern eine ignorante…

    Und das sage ich als ein Mensch der von sich selbst behauptet Atheist zu sein, zumindest werde ich nicht zu irgendeinem Überwesen beten oder auf ein Leben in ewiger Glückseeligkeit hoffen.
    (Das hätte bei mir wohl auch wenig Sinn^^)

    Zum Thema: Auch ich erkenne an das Religion oft Dreh- und Angelpunkt blutiger Auseinandersetzungen, und ebenso oft ein Hindernis für Fortschritt und Wissenschaft war. Doch obgleich auch ich keine der bekannten Religion anerkennen kann, bin ich nicht nur voll dafür sie zu tollerieren( als Anker für jene mit Angst vor dem DANACH, als Bequemlichkeit derer die nicht selbst nach anderen Antworten suchen wollen, als sicherer Hafen für Notleidende), sondern Zolle ihnen auch meinen Dank für ihren grossen Beitrag zur moralischen Entwicklung unserer Rasse!

  5. Ruben / 05. March 2009, 03:39 Uhr

    Also wenn Du wirklich meinst, ein Himmel auf Erden als ewiger Progreß wäre ein irdischer Ersatz für das, was das, was die monotheistischen Religionen versprechen, dann hast Du nicht wirklich begriffen, was “Ewigkeit” und “Jenseits” in der philosophischen Theologie und Dogmatik bedeutet.

    Man kann es knapp mit Schopenhauer sagen: Ein ewiges “Weiter-so”, ein ewiger Progreß nur um des Progresses willen ist in sich absurd und sinnlos. Ein reines Streben um seiner selbst willen ist ein sinnloser Leerlauf.

    Was “Jenseits” und “Unsterblichkeit” bedeutet, ist absolute Seinsfülle als überzeitliche und überräumliche Fülle aller Perfektionen des Seins. Sie ist reine Kontemplation des Seins. Und dieser Gedanke findet sich nicht nur in den Religionen, sondern auch bei Platon und Aristoteles (die theoria [=Kontemplation der Urgründe des Seins] ist das telos teleiotaton, das Ziel aller Ziele und die Seinsweise des Unendlichen).

    Dies auf Erden durch Technik und Fortschritt herstellen zu wollen, ist ein – sit venia verbo – kindischer Gedanke.

  6. Christian / 05. March 2009, 14:46 Uhr

    @Ruben: Man kann sicher viel ästhetisch eindrucksvolle Metaphysik “in der philosophischen Theologie und Dogmatik” über die Fiktionen der Religion anstellen, aber das ist hier nicht die Frage. Ich halte es für unwahrscheinlich, dass Religion den meisten Gläubigen aufgrund solcher entfernten Gedankenspielchen attraktiv wird.

    Wer sich vor dem Tod fürchtet, braucht keinen Begriff “absolute[r] Seinsfülle als überzeitliche und überräumliche Fülle aller Perfektionen des Seins” usw.usf., um den Gedanken einer Fortexistenz jenseits der ‘natürlichen’ biologischen Grenzen anziehend zu finden. Viel mehr auf eine Konkretion des letzteren setzt dann das Ablösepotential der Technik auf, nicht auf scholastische Nadelspitzen, auf die gerade einmal einige Spezialgelehrte passen.

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