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9to5 #7: Journalistisches Arbeiten im Kulturbetrieb

2:06 Uhr: Tobias Rapp, “Journalistisches Arbeiten im Kulturbetrieb”

Tobias Rapp ist der Ressortleiter Kultur der taz und, Verzeihung für die abgedroschene Phrase, ‘plaudert’ für uns ‘aus dem Nähkästchen’. Wie funktioniert eigentlich ein Kulturteil, was ist das, wofür ist das gut, wie geht das? Und ich frage mich, sehn so die ABV-Veranstaltungen für die Publizistik-Studenten aus?

Das Feuilleton in Theorie und Praxis

Aber es ist nicht uninteressant, was Herr Rapp so erzählt. Das Feuilleton als Kulturteilformat, wie man es hierzulande kenne, sei ein spezifisch deutsches Phänomen, “Welterklärung via Kultur”. In anderen Kulturkreisen, z.B. in Amerika, sei das anders gelöst. Das Feuilleton pendele zwischen zwei Polen, “Rezensions-Feuilleton” vs.“Debatten-Feuilleton”. Letzteres sei etwas, das die FAZ “mit ziemlicher Bravur” betreibe, Themen lancieren, das macht der Schirrmacher gut (später wird Rapp ihn auch noch einen “Punk” nennen; wie der alte Hausparadigmen umwerfe für seine Konzepte, usw.) Die taz dagegen macht eher in ersteres bzw. wusele die Debattensache in andere Sektionen unter.

Rascheln, Rascheln, Rascheln. Rapp hat an jeden Besucher ein taz-Exemplar ausgeben. Nicht so sehr als Werbetrick (hoffenwadochma ganz idealistisch), sondern damit wir gemeinschaftlich das Feuilleton der aktuellen Ausgabe analysieren können. Sie wird nun kollektiv aufgeblättert.

Wir blättern auf: Die Filmkritikenseite. Na da fühl ich mich doch gleich zuhause. Ein Artikel, der sich nicht allzu euphorisch über Robert Thalheims “Am Ende kommen Touristen” äußert, den ich neulich in der Sneak Preview auch nicht so überzeugend fand. Und darunter verweist Rapp auf eine Pasolini-DVD-Besprechung von Ekkehard Knörer. Ekkehard Knörer! Und das restliche Feuilleton: Ist Porno-Rap Pop? (Da wird’s dann später noch eine Erörterung von Rapp geben, welche Punkte hieran das Relevanz-o-meter des Gegenstandes hoch genug für eine offizielle taz-Verwurstelung getrieben haben.) Und Elvis. (Ein, so gibt Rapp dann noch zu, in seinen Zusammenhängen mit den eigentlich verhandelten Themen eher befragenswert eher über die Bilder zusammengehaltener Artikel-Komplex.)

Und jetzt wird die Diskussionsrunde eröffnet.

Diskussion

Die deutsche Blogosphäre meldet sich zu Wort. Warum sei der deutsche Journalismus so kritikresistent? So von oben herab, so wenig offen gegenüber Einwürfen aus der Graswurzelöffentlichkeit? Naja, so Rapp, das ist erstmal keine Frage, sondern eine Unterstellung. Man bemühe sich seitens der taz schon irgendwie um Eigenkritik. Er verweist auf die taz-Feuilleton-Reihe “Kritik der Kritik”.

Wie steht’s mit dem Zeitmanagement in der Redaktion? Rapp: 80% der Texte stehen bereits am Morgen.

Ein Publikumseinwurf beklagt und hinterfragt eine Unfähigkeit der intellektuellen deutschen Feuilletonkritik, einfach nur gut begründete Qualitäts-Beurteilungen von Werken abzugeben, quasi eine Befangenheit im diskursiven Aufblähen der Besprechungen. Rapp: “Das ist das totale Kernproblem von Kulturschreiben”, also, wie man über Kultur schreiben wolle. Gibt es ja verschiedene Konzepte. Z.B. der Funken, der beim Aufeinandertreffen des objektiven Dings mit der Subjektivität des Autors entstünde. Aber man kann einem Kunstwerk nie gerecht werden. Ist halt eine Sache von Fall zu Fall. Gibt kein Patentrezept für das “Wie” einer Besprechung. Zum Beispiel. Akademisches Schreiben. “Akademisches Schreiben funktioniert über Referenzen.” Nie Ich sagen, sondern immer Referenzen herbeizitieren. Das ist im feuilletonistischen Schreiben ein totales No-No.” Das feuilletonistsche Kulturschreiben dagegen: “Ich finde es gut … aber.” Und von diesem “aber” handele dann Kulturschreiben.

Das Gespräch gleitet zum Spannungsfield Kritik vs. Produktmarketing, journalistische Integrität etc.pp. Rapp sagt: “Die gefährlichsten Feinde für die Unabhängigkeit sind nicht die Feinde oder Marketing-Leute [schöne Kategorisierung, Anm. v. futur:plom], sondern die gefährlichsten Leute sind immer die Freunde.” Rapp bringt das Beispiel eines (fiktiven?) globalisierungskritischen Dokumentarfilms, der leider grottenschlecht sei. Für den nun eine Anzeige zu schalten, mit den Machern befreundet zu sein, auf der selben politischen Seite zu stehen — und den dann ehrlich zu besprechen, das sei ein viel größeres Problem, eine viel größere Gefahr als irgendeine Werbeanzeige der bösen Atomkraftindustrie im ideologischen Gegner taz.

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Gefahr? (Zwei Ausschnitte von einer selben Blattseite des mitgebrachten Beispiel-Feuilletons.)

Ein Einwurf, den ich nicht ganz verstehe, scheint mit Ressortmeierei und Spezialisierung des Feuilletons (vielleicht meint er eine Art Spezialisten-Journalismus; Rapp meint, seine Feuilleton-Redakteure seien “Nerds” auf ihrem Gebiet) die Aufgabe eines allgemeinbildenden Anspruchs der Zeitung zu beklagen, wohl assoziiert mit einem zu vermittelnden kulturell-informationellen Kanon. Rapp trauert dem großen Kanon nicht hinterher. “Jede Art, den neu zu erfinden, ist reaktionärer Dreck.”

Lange wird über den Ingmar-Bergman-Nachruf und die Suche nach einem passenden Autoren diskutiert. Ich muss an Gerüchte denken, die ich hörte, in so mancher Zeitungsredaktion sei es gar nicht so einfach gewesen, jemanden zu finden, der Lust hatte, was über Bergman zu schreiben. Bergman ist echt jemand, der unter dem Los seines erheblichen, aber offenbar kaum mehr von irgendwem aktuell-ehrlich nachempfundenen kulturkanonischen Gewichts zu leiden hat. Nachruf-Vorrathaltung findet Rapp übrigens unmoralisch. Bei ihm im Ressort gibt es sowas nicht.

Einer stellt die Gretchenfrage: Könne sich Rapp auch ein eigenes Kulturschreiben-Format im Internet vorstellen? Von dem dann die Autoren vielleicht sogar leben könnten? Rapp kann sich sowas durchaus vorstellen. Er verweist auf Musikblogs im angloamerikanischen Raum. Rapp differenziert Schreiben im Netz und Ressortschreiben in Print so: Letzteres lebt auch davon, im größeren diskursiven Kontext seines Blattes eingebettet zu liegen, damit in einem festen Verhältnis zu stehen. Eine Internet-Seite hat das nicht. Ob man auf den entsprechenden Text nun von einer Indymedia- oder einer Kinderporno-Seite gewechselt sei, mache für den Text Unterschied.

Friday August 24, 2007

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Kommentare

  1. klaus / 18. April 2009, 09:40 Uhr

    Es ist das Geschäft des Marketings, jeden Niedergang als Fortschritt zu verkaufen. Die taz investiert in Werbung statt in Talent und Können. So produziert sie einerseits marktkompatiblen Medienbetriebsnachwuchs, der seine Arbeit als Sprungbrett sieht, Texte schreibt, um für sich Reklame zu machen und dabei noch mit einer Gesinnung prahlt, die es bei der taz gratis gibt, zum Ausgleich für die Selbstausbeutung. Andererseits schafft die taz durch diese Fluktuation einen Gnadenhof für all die Zurückbleibenden, die trotz aller Bewerbungsschreiben kein anderer haben will. So entsteht ein notorisch pestlauniges Arbeitsklima, in dem Heuchelei, Intriganz, Schlampigkeit und Desinteresse an der Sache gedeihen. Das strahlt die Zeitung auch aus: Lustlose Hausmeister sehen dich an.

    Droste (auch über rapp)

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