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Galaktische Überwindung der Globalisierung

Was wollen wir in der Zeit der Weltraumkolonisierung politisch und infrastrukturell ansteuern: eine Galaxis vieler Welten oder eine Ein-Welt-Galaxis?

Wir haben die Globalisierung. Medien, Finanzen und Politik tauschen sich über die Kontinente unseres Planeten hinweg in Echtzeit aus und bilden einen bunten, aber dennoch eng miteinander verwobenen Flickenteppich. Wir können gerne im Geiste Samuel P. Huntingtons unseren Planeten in verschiedene große zivilisatorische Sphären einteilen; aber trotzdem lässt sich mit Beginn des 21. Jahrhunderts das menschliche Treiben auf unserem Planeten als ein hyperkomplexes Netz aus Wellenbewegungen, Kausalketten und Polaritäten beschreiben, die im Zeitalter von CNN World und Internet direkt und über Glasfaserkabel in der Geschwindigkeit des Lichts miteinander interagieren.

Nun kolonisieren wir den Weltraum. Wir besiedeln den Mars. Kommunikation zwischen Erde und Mars findet mit Lichtgeschwindigkeit statt, ein paar Minuten Differenz, die niemanden umbringen werden. Wir machen uns in unserem Sonnensystem breit. Medien, Finanzen und Politik sind Bereiche, die nun nicht mehr nur auf der Erde stattfinden, sondern auch in unseren Kolonien draußen. Vielleicht bilden sich dort eigenständige politische Körper. Vielleicht erklärt sich Mars unabhängig. Aber im Großen und Ganzen können wir uns trotzdem noch in den irdischen Abendnachrichten darüber informieren, was bis vor einer halben Stunde auf dem Mars an Neuigkeiten geschehen ist, und umgekehrt.

Das Draußen wird immer weitreichender. Wir weiten die Präsenz des Menschen über die Jahrhunderte auf andere Sonnensysteme in der Milchstraße aus. Kommunikation in Lichtgeschwindigkeit bedeutet nun im Mindesten: Kommunikation in mehrjährigen Wartezeiten. Wartezeiten von Jahrzehnten, wenn nicht länger. Unter diesen Isolations-Bedingungen bilden sich auf unseren fernen Siedlungen kulturell, wirtschaftlich und politisch immer eigenständigere Zivilisationen heraus. Wir haben die Globalisierung der Menschheit überwunden. Es gibt nicht mehr eine Welt. Es gibt viele, in sich einigermaßen isolierte Welten. Die menschliche Gesamt-Zivilisation erreicht einen Zustand der langfristigen Gesamt-Zersplitterung, wie sie ihn in ihrer irdischen Geschichte interkulturell nie kannte.

In der Vielfalt der neuen isolierten Sphären können gesellschaftliche und kulturelle Experimente stattfinden, die unter der Kontrolle einer globalen Totalität nie zu sprießen fähig wären. Gutes und Schlechtes. Politische Utopisten können in anderen Sonnensystemen Neuland für das Ausleben ihrer Vorstellungen erschließen wie einst die protestantischen Sektierer, die Amerika begründeten. Platz genug ist für alle da. Und Isolation, um sein eigenes Süppchen fernab äußerer Einflüsse zu kochen.

Diese Idee einer Galaxis vieler Welten ist eine Utopie, die von wissenschaftlichem und technologischem Fortschritt nicht nur befördert, sondern auch empfindlichst gestört werden kann. Sie ist futuristisch fragil. Es braucht nur etwas, das die zersplitternde Distanz überwindet. Sei es Raumfahrt über Hyperspace. Sei es informationell: Irgendwer findet sich immer, der da wider Einstein und den wissenschaftlichen Konsens quantenmechanisch ein Potential der Faster-Than-Light-Informationsübertragung zu erschnuppern meint. Alles wird wieder mit allem in Echtzeit verknüpfbar: Medien, Kultur, Finanzen. Und schon sind wir wieder eine Welt. Die Menschheit ist re-, die Milchstraße globalisiert.

Wäre das nun besser oder schlechter? Bedauerliche Auslöschung eines zivilisationsutopischen Potentials oder zu bejahende Skalierung einer zivilisatorischen Errungenschaft der Menschheit auf kosmischen Maßstab?

Saturday July 21, 2007

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