Futuristische und utopische Notizen von Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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Das Geschäftsmodell von Google besteht in der konstanten Revolution unserer kognitiven Kartographierung und Erfahrung der Welt. Ab und zu erreichen sie darin einen neuen Meilenstein; von PageRank bis Google Earth haben sie die Art und Weise, wie wir die Welt uns informationell bis sinnlich organisieren, wirkungsvoll umgestaltet; nicht mal notwendigerweise durch umwerfende technische Innovation ex nihilo, aber in der bestmöglichen Integration all ihrer verschiedenen hocheffizienten Kartographierungs-Strukturen und der bestmöglichen Benutzer-Immersion, die aus einer technischen Spielerei breit sich durchsetzende Kulturtechnik macht.
Der neueste Streich
Der neueste Meilenstein dürfte nun das Google-Maps/Earth-Feature “Street View” sein. Das macht eigentlich nix so furchtbar Neuartiges: Es zeigt Fußgängerperspektiven-Fotos zu anzuklickenden Punkten auf der Google-Earth-Karte an. Aber: die Fotos decken in ihrer Masse wohlgeordnet-matrizenförmig die ausgewählten urbanen Bereiche sehr dicht und umfassend ab, mit stets nur wenigen Metern Differenz Feingliedrigkeit und zugleich ganzen Städten Umfang. Es sind zudem Foto-Panoramen, die 360° abgedreht (und auch eingezoomt) werden könnten. Zwischen diesen einzelnen Panoramen jedes einzelnen Punktes kann man sich mittels Pfeilen so primitiv wie auch simpel in der 3d-Ansicht in alle offenen Straßenrichtungen bewegen, wie dies früher in Pseudo-3D-Computerrollenspielen üblich war, in denen die Welt in distinkte Kartenquadrate eingeteilt wurde, die man Quadrat für Quadrat in jede offene Richtung abschreiten und betrachten konnte.
Genau so kann ich nun durch Manhattan spazieren, in jede Straßenrichtung schauen und mich in Einheiten von ein paar Metern etwa dem Wolkenkratzer nähern, den ich da beim Wenden meines Blicks nach rechts am Ende der Straße in den Himmel stoßen sehe, oder auch kurz davor nach links abbiegen, weil mir die Gegend nicht gefällt, oder einfach beschließen, mich auf der Karte drei Kilometer weiter die Straße hoch zu klicken, um den langen Fußweg abzukürzen.
Ausblick
Die reale Planung von Wegen, deren örtliche Erscheinung ich nun nicht mehr durch Dachformen aus der Vogelperspektive abschätzen muss, sondern tatsächlich virtuell aus der Fußgängerperspektive mit ein paar Klicks vollständig abschreiten kann, als hätte ich live eine Drone dort hin entstandt, die sich in meinem Auftrag mit einer Kamera auf Höhe meines Kopfes fortbewegt und auf meinen Bildschirm rückfunkt, dürfte dies nun noch viel mehr vereinnahmen, als das alte Google Maps / Google Earth es tat.
Und ich frag mich, wann ich eigentlich das Haus gar nicht mehr verlassen muss, weil Google mir die ganze Welt und die ganze Welterfahrung direkt nach Hause bringt. Warum noch nach Paris fahren, wenn ich auch am Bildschirm durch seine Boulevards bummeln kann? Überhaupt, warum nicht gleich CCTV embracen und auf diese Weise alle paar Meter in den Straßennetzen der Großstädte Kameras (mindestens vier, eine für jede Blick-Richtung, um ein Panorama-Bild zu generieren) aufbauen, die ein Live-Webcam-Bild für “Street View” zurückfunken. Gegen Gebühr könnte man den Nutzer dann auch mit dem betrachteten Ort über Lautsprecher interagieren lassen, wie das die CCTV-Apparaturen in England bereits jetzt zur polizeilichen Gängelung Ordnungswidrigkeiten begehender Fußgänger tun.
Die Notwendigkeit realer körperlicher Präsenz an einem Ort, um ihn als Welt zu erfahren, nimmt immer mehr ab. Der Körper als Agent des welterfahrenden Ichs verliert seine Relevanz. Bald sind wir überall, wenn wir uns ins Netz eingeklinkt haben. Unser Körper als unser Agent in der Welt löst sich auf, unser Agent in der Welt wird unsere Einheit mit dem Netz.
Siehe auch meinen früheren futur:plom-Artikel zur Reorganisation der Welt-Erfahrung über Google Earth:
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