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23c3 #28: Fazit

(Bloggen vom Chaos Communication Congress)

So, jetzt möchte ich mich endlich mal an ein Congress-Fazit wagen.

Der Congress ist natürlich weitaus mehr als sein Vortragsprogramm. Ich hänge allerdings vor allem auf den Vorträgen rum, mit gern äußerst vollgeknalltem Tagesprogramm, und will daher auch primär darüber reden.

in kurz:

Favorite Veranstaltungen:
Body Hacking, functional body modification (Quinn Norton)
Diskordianismus vs. Kritische Theorie (Oona Leganovic, Daniel Kulla)
Diskussion zum Ego-Striptease (Teemu Schabl, Jule Riede-Buechele)
Drohnen (Steini)
Lightning Talks (generell)
monochrom (Johannes Grenzfurthner)
Sie haben das Recht zu schweigen (Udo Vetter)
“Kollaboratives Wissensmanagement im Bildungsbereich und die Zitierfähigkeit von Wiki-Wissen” (Martin Haase, Rüdiger Weis)
The World of Warcraft (Joi Ito)

Hätte ich drauf verzichten können:
Culture Jamming & Discordianism
Illuminaten behind 9/11
Larry Lessigs Becks-Werbung

in lang:

Veranstaltungen / inhaltliche Schienen

Die Keynote eröffnete einen durchaus interessanten (wenn auch nicht unproblematischen) Komplex zum Thema “Trust”. Da wird zwar scheinbar mit Vorliebe ein rotziges “früher war alles besser, jetzt klauen die korrupten neuesten Hacker-Kiddies sogar mir das Geld vom Konto, macht das mal wieder weg” reininterpretiert; ich finde es jedoch viel spannender, Barlows Keynote so zu lesen: In einer kleinen, kulturell homogenen, untereinander verschwägerten Hacker-Gemeinde von vor zwanzig Jahren habe eine Form des Vertrauens als sozialer Regulierungsmechanismus, und als solches als Versprechen an ein postgouvernmentales digitales Zeitalter, noch funktioniert. In der zahlenmäßig breiten, kulturell heterogenen digitalen Bevölkerung der Gegenwart jedoch lasse sich dieses spezifische Vertrauen nicht mehr halten. Um dennoch das Ideal eines digitalen postgouvernmentalen Gesellschaftszustandes ohne Kontrolle des Individuums durch eine staatliche Autorität zu halten, müsse ein skalierbarerer Vertrauensmechanismus als Alternative gefunden werden. Einen konkreten Ausformungsvorschlag für einen solchen blieb Barlow schuldig, das sollte sich vielleicht auch als Frage ans weitere Congress-Programm verstehen. Die meisten Veranstaltungen, in denen der Begriff “Trust” mir dann noch übern Weg lief, verwendeten ihn freilich eher rein alibi-mäßig, oder zumindest ohne dass er sich in ihrem Kontext auf diesen Fragekomplex anwenden ließe. (Vielleicht hätte, wenn ich mir ihren Ankündigungstext so durchlese, die Werner-Pieper-Veranstaltung zur Frage der Vertrauensökonomie noch etwas Gewichtigeres beigeliefert, da war ich allerdings anderswo.) Naja, spätestens Web 2.0 legt ja nahe, dass auch aus pluralistischen Massen im Netz Form und Lenkung entstehen kann, warum dann also nicht auch eine neue Form der Massen-Vertrauensökonomie? (Nur, will man das, eine politische Web-2.0-Diktatur?)

Es schälten sich im Vortragsprogramm andere thematische Wellen heraus, auf denen ich umfassender surfte: Da wäre z.B. eine klare und hochpotente sprach- und kognitionswissenschaftliche Schiene, vom Go-Vortrag über Open Source Machine Translation, forensic linguistics, die Visualisierungs-Kognitions-Diskurse bei Dan Kaminsky und im Visualisierungs-/Chartjunk-Vortrag. All dies stets nah an der Frage der Kompatibilität / Inkompatibilität oder Kombinierbarkeit menschlicher und maschineller und mathematischer Konzepte / Paradigmen kognitiver Arbeit; ganz nah oft auch am Themenkomplex Künstliche Intelligenz; was können wir und was kann die Maschine, wo liegen unsere und wo ihre spezialisierten geistigen Kompetenzen, wie lassen sich jeweilige Engpässe trickreich überbrücken oder, umgekehrt, ausnutzen.

Ein futuristischer / futurologischer Komplex war gut vertreten über die Drohnen als ganz praktischem Beispiel für wirklichkeitgewordene SF-Träumereien; Quinn Nortons transhumanistischem Body-Hacking-/Cyborg-Vortrag (ein persönliches Highlight für mich); und Joshua Ellis’ antifuturistischem Rant, der in Teilen etwas platt war, aber gut kontrovers einschlug. Unbedingt auch noch aufzuführen, Joi Itos hochspannende Thesen über breite Cyberspace-Welt-Erziehung durch World of Warcraft.

Der diskordianische Komplex war … naja; Culture Jamming & Discordianism war arg enttäuschend (zumal im Kontrast zum tollen monochrom-Showcase zuvor, der weitaus interessantere Beispiele für subversive symbolische Praxis gab), und über Andy Müller-Maguhns Illuminaten-Show mag ich schon gar kein weiteres Wort verlieren. Nur der Schaukampf zwischen Kritischer Theorie und Diskordianismus von Oona Leganovic und Daniel Kulla war ein Lichtblick.

Politische / gesellschaftliche Schiene: Larry Lessig mit seiner Copyrightreform-advocacy bot eine tolle Multimedia-Show, war jedoch inhaltlich arg dünn und enttäuschend. Udo Vetter dagegen als anderer netzprominenter Rechtsgelehrter hatte zwar zum Thema ‘Umgang mit der Staatsgewalt bei Hausdurchsuchung/Vorladung/Beschlagnahmung’ keine flashy Anime-Mash-Ups vorzuführen wie Lessig, hätte aber dafür auch gut und gern doppelt so lang machen können, ohne seine Ausführungen oder das Interesse der nachfragegierigen Zuschauer zum Thema inhaltlich zu erschöpfen. Toll. Die Privacy-Diskussion zum Web-2.0-Ego-Striptease indes war schön kontrovers und hat einige interessante Thesen zu Tage gebracht, die mir zumindest neu waren. Medienpolitikgeschichtlich noch spannend war der Funkerspuk-Vortrag von Oona Leganovic. Gender-politisch war Revenge of the Female Nerds pädagogisch evtl. wertvoll (die Verwirrung, die aus einigen der nachfolgenden Fragen sprach, bestätigt dies evtl.), mir aber in den Thesen allgemein etwas zu trivial (das Meiste hätte eigentlich selbstverständlich sein sollen; die originelleren Stichworte wurden leider nicht vertieft).

Ansonsten noch:

Martin Haases/Rüdiger Weis’ Thesen / Ideen zur Wikipedia bei den Akademikern waren sehr inspirierend (zumal mit dem anschließenden Professoren-Fight …).

Ach ja, die Spaß-Sachen natürlich noch: Den Fnord-Jahresrückblick fand ich diesjahr sehr viel erträglicher, um nicht zu sagen: aufgrund des 1984: The Game sehr gelungen. Das Hacker Jeopardy war auch wieder schön, wobei mir diesmal die Fragen teils nicht abstrus-nerdig genug waren ;-) (C’mon, das Icon vom Shopblogger oder Password: Swordfish erraten? ASC-Ports dagegen war nett, ich will Köpfe rauchen sehen!) (Und hätte auch eigentlich ruhig vollständig auf Englisch sein können, anstatt dem faulen Halbe-Halbe-Kompromiss, der gewiss trotzdem noch einen Großteil der Nicht-Deutsch-Sprechenden verscheuchte / fernhielt.)

Allgemein

Vor allem die kognitions-/sprachwissenschaftliche und die futuristische / futurologische Schiene wie oben beschrieben haben mir sehr gut gefallen. Zum Kongressmotto-Kernbegriff “Trust” habe ich nix über die Keynote Hinausgehendes hinzugelernt. Die künstlerische Umsetzung von chaos communication ist monochrom gut gelungen und den offiziellen Culture-Jammern eher weniger.

Formal ist schon eindeutig eine großteilige Professionalisierung der Vorträge, vor allem über die vielen Eingeflogenen zu erkennen. Wie man bei Lawrence Lessig sieht, bedeutet eine professionelle Präsentation nicht zwangsläufig auch hochwertigen Inhalt. Ich ziehe unprofessionelle Vorträge mit interessanten Inhalten bunt flackernden Buzzword-Slideshows ohne originelle Thesen (jenseits einiger crowd-pleaser-Phrasen) vor. Wobei es auch Referenten gab die das beste aus beiden Welten hochwertig zu kombinieren wussten, siehe z.B. Dan Kaminsky, oder auch den Vortrag “Wie man mit Visualisierung faken kann”.

Sehr schön finde ich nach wie vor die kleinen Experimentier-Inseln für ungewöhnliche Vortragsformen oder einfach nur produktives Chaos. Die Lightning Talks (großartige Institution! Möchte mit dem Lob gar nicht aufhören) sind hierin mit das Beste des Congress-Vortrags-Programmes (und ich bedauere, dass ich wegen einer unüberbrückbaren Überschneidung nur die ersten drei Sitzungen habe besuchen können), aber auch z.B. der dialogische Diskordianismus/Kritische-Theorie-Schaukampf sei unbedingt mitzuzählen.

Im Großen und Ganzen schienen mir die Vorträge gerade zu gesellschaftlichen / politischen / kulturellen Themen inhaltlich besser und erwachsener als die letzten Male. Wobei wirklich originelle Thesen / Theorien noch etwas dünn gesät waren (man fand sie aber z.B. gut bei Joi Ito). Aber dieser Vortrags-Bereich konnte sich gegenüber dem natürgemäß starken praktisch-technischen Bereich schon vergleichsweise solide profilieren diesmal, imho.

Und auch wenn ich etwa den Andy-Müller-Maguhn-Illuminaten-Vortrag peinlich oder den Joshua-Ellis-Anti-Futuristen-Rant platt fand; insgesamt hat mir doch die gerade auch über sie vermittelte große Kontroversen-Freudigkeit gefallen, mit der dann auch mal Congress-Veranstaltungen untereinander kritisch gegeneinander zu battlen versuchten, oder auch der große Wille zur unzimperlichen Kritik in den Q-&-A-Teilen, oder auch die solide gepflegte diskursive Zwietracht etwa in der Ego-Striptease-Diskussion. Das alles im Gegensatz zu Lawrence Lessigs ‘verschieben wir unsere Konflikte bitte auf später (read: nach seiner Revolution) oder legen sie zugunsten der Geschlossenheit unserer revolutionären Armee bei einem Bier unterhalb des Öffentlichkeits-Radars bei’.

Ach ja: Ich bedauere zwar nach wie vor, für meinen Eintrittspreis diesmal keinen Lenyard oder Badge bekommen zu haben (aber okay, wenn’s sonst teurer geworden wäre …), aber zumindest plagt mich dank des unentfernbaren Armbandes nicht mehr die Panik, eben jene daheim zu vergessen ;-)

Oh, und auch Lob dafür, wie das Wetter gehackt wurde, die Navigation zwischen Congressgebäude und U-Bahnhof bei Schnee und Eis war die letzten Jahre immer arg problematisch. Diesmal hat’s ja nur einmal kurz geschneit.

Alles in allem: Ein guter Congress. Weiter so.

Tuesday January 2, 2007

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Kommentare

  1. pascal / 03. January 2007, 17:50 Uhr

    kann es sein, dass unheimlich viele Apple-Computer anwesend waren? (und ich beiss mir jedes mal in den hintern wenn ich daran denke wie viel geld ich für mein nutzloses ppc-ibook rausgeworfen habe—und x86-notebooks gibts doch von anderen herstellern besser und billiger)

  2. Kurt Jansson / 04. January 2007, 02:41 Uhr

    Vielen Dank für vielen sehr guten und intelligenten Zusammenfassungen. Helfen sehr gut, einiges nochmal zu rekapitulieren und regen an, die Mitschnitte der Vorträge runterzuladen, die einem aus Zeitgründen live entgangen sind.

  3. Gunnar / 05. January 2007, 02:29 Uhr

    Hallo
    Danke für den Bericht vom Congress.

    Zu WoW.
    Ich habe über 1 1/2 Jahre WoW gespielt. Seit Start der damaligen Final Beta. Ich kann den Aussagen im Vortrag nachvollziehen. Aber jetzt spiele ich nicht mehr. Man muss schon unheimlich viel Zeit aufwenden um auf ein hohes Niveau zu kommen und um mit anderen Mitspielern mithalten zu können. In WoW gibt es meiner Meinung nach viel zu wenig “Wenig-Spieler-Inhalte” Um mitzukommen muss man, wie schon geschrieben, sehr viel spielen. Und nur am Wochenende zu spielen das macht keinen Sinn. Und da ist mir auch klar geworden das man auch etwas anders machen kann.

    Gruss
    Gunnar

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