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23c3 #16: Funkerspuk

(Bloggen vom Chaos Communication Congress)

12.45 Uhr: Funkerspuk

Oona Leganovic gibt einen informativen politischen / ideologischen Vergleich der Prä-1930-Funk-Rundfunkregulation mitsamt ihrer Hintergründe in den USA und in Deutschland, angereichert mit Zitaten von Friedrich Kittler und Heinz Pohle.

In den USA: alles überhaupt mit den Amateuren um die Jahrhundertwende angefangen, die den Äther unkontrolliert auslasteten; “prankster calls”, “constant intereference”. Den Titanic-Untergehenden konnte u.a. deshalb nur unzureichend geholfen werden, weil der Funkverkehr durch derartige Störungen überlastet war; was danach zu einem public outcry führte; man begann mit erster legislation, Prioritätensetzung für Frequenzen, Amateurfunk-Lizenzen eingeführt usw.

Mit der Präsidentenwahl 1920 erlebte dann Broadcast-Radio seinen Aufschwung, es stellten sich erhebliche kommerzielle Interessen ein. In den Folgejahren diverse von Präsident Hoover einberufene Radiokonferenzen. Politiker, Broadcaster & Amateure verhandelten noch gleichberechtigt über Fragen des public interest bei Signalinterferenzen oder qualitatitver und inhaltlicher Regulierung von Broadcasting-Programmen; die Hörer bestanden auf “receiving for free”, die “speakers” “wanted access”, und die Broadcaster wollten eine Empfangssteuer sowie den Rauswurf von”Unamerikanischem” und “distasteful material”.

Bald eine Einteilung von Funkern nach broadcasting equipment und auf bestimmte Frequenzbereiche; inhaltliche / qualitative Prioritätensetzung; die Industrie wollte die Amateure weg haben, die sind nasty, haben kein proper equipment … Mittels cross-licensing von Patenten usw. hält man den Broadcast-Markt dann auch bereits unter sich; ein kleiner von AT&T angezettelter Patentkrieg gegen eine Radio-Station gerann über die Öffentlichkeit dann aber doch zum publicity nightmare.

Weiter Konferenzen: Industrie-Lobby: man erzeuge schließlich den hauptsächlichen quality content, und die hierfür notwendigen Talente wollen schließlich bezahlt werden; wir wollen große Reichweite, high power stations; andererseits: 6000 Besorgter-Bürger-Briefe an Herbert Hoover für die Kleinen. Keine direkte Regierungs-Regulierung von Radio-Material, aber Gebühren, die arme Kommunisten usw. raushalten. Definition von entertainment als public interest; und der freie Markt richtet es schon, “diversity through corporately controlled radio industry”.

Vorherrschend: “The Technocratic Mindset” (Slotten), neue mediale Erfindungen wie Radio oder TV als primär wissenschaftlich, technologisch, technokratisch denn als nach sozialen, politischen, gesellschaftlichen, ökonomischen, kulturellen Gesichtspunkten zu behandelndes Problem zu betrachten.

Deutschland dagegen! Keine konkret benennbare Amateurszene in Deutschland vor WW1, aber: In WW1 fürs Militär 190.000 Radio-Operateure herangezogen. Und die hatten auch nach dem Krieg noch Lust auf ihre Profession. So ganz legal freilich nicht. “Missbrauch von Heeresgerät”; die revolution of 1918 bastelte einen “Zentralfunkrat”, macht “Funkerspuk” gegen den Funkmonopolsanspruch des Reichspostministeriums, macht heavy use of radio in general, beschlagnahmt gar das “Wolff’sche Telegraphen-Bureau” in Berlin; nur, leider, die revolution of 1918 ist eine failed revolution.

Funk bleibt unterm dem Reichspostministerium; fear of uncontrolled radio communication. Ein Kittler-Zitat, das ich nur halb mitgeschrieben bekommen habe: “Massenkommunikation mit anderen Worten wird erst zugelassen wenn es alles zu konsumieren oder zu hören gibt und nichts mehr anzuhören, Rezeption ist nur ein Euphemismus für …”, da kam ich dann nicht mehr mit. Erlaubt werden nur strikt passive Apparate, d.h. empfangen, nicht senden; man könne doch den Leuten, wörtliches Zitat (hier im Blog-Eintrag natürlich nur semi-wörtlich wiedergegeben, ich kann auch nur so und so schnell tippen und habe kein Übermenschenkurzzeitgedächtnis), hier nicht wie in anderen Ländern einfach erlauben, alle in der Luft frei herumfliegenden Radio-Nachrichten zu empfangen, that cannot be.

1923 wird dann öffentlicher Rundfunk gegründet, completely state-owned; Zensur, Vorschrift, offizielle Nachrichten, aber keine Parteipolitik. Programm umgekehrt proportional zur tatsächlichen Nachfrage in folgendem Verhältnis: 10% Nachrichten / Information (und zwar nur zu Uhrzeiten, wo die Bourgeoisie zuhören kann, 2 Uhr mittags und 11 Uhr abends, wenn die Arbeiter entweder in der Fabrik sind oder schlafen; Nachrichten nur für die richtigen Leute), 60% education, und 30% entertainment.

Entertainment? Unterhaltung? Was, Unterhaltung? Hörer, du willst unterhalten werden? Warum? Nur als Arbeits-Recreation geduldet; leisure is work; da, damit man nächsten Tag wieder erholt und entspannt auf der Arbeit antanze, anderswie für die Radio-Programmierung der Weimarer Republik nicht zu rechtfertigen.

Und überhaupt, wer so ein Radio will, braucht eine Lizenz. Schwarzhören ist nicht! Self-assembly of radio receivers ist zwar weit verbreitet, unlizensierter Empfang aber illegal; es gibt Millionen Schwarzhörer. Es gibt aber auch: Belohnung für Denunziation. 5 Leute denunzieren? Geld / freies Radiogerät. Ein deutscher Student hat es damals geschafft, 1500 Leute zu denunzieren!

Aber wen interessiert’s; nur die, die es angeht. Entscheidungen hinter geschlossenen Türen, no such thing as a public debate wie in den USA, nein, hier gibt es keine 6000 letters to president Hoover, es ist doch klar, die Regierung wird schon wissen, was gut für uns ist. Staatskontrolliertes Radio, when the nazis took over, they did not have to do much, just put their own people at the right spots and everything went fine.

Nach der Fragerunde (Parallelen ziehen zur Gegenwart; die Bundesnetzagentur! die Bundesnetzagentur! die Bundesnetzagentur!) nur ein kurzer Exkurs zum Magnetband. Magnetband wurde in Nazi-Deutschland perfektioniert, weil es finally perfekte Kontrolle des Broadcasting erlaube, alles konnte nun aufgezeichnet und überwacht werden. In den USA dagegen kein Bedarf an magnetic tape, im Gegenteil, weil … (habe ich nicht mehr so ganz verstanden)

Friday December 29, 2006

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Kommentare

  1. Scrupeda / 30. December 2006, 01:44 Uhr

    Ich freue mich darüber, dass jemand so aufmerksam zugehört hat. Hier noch die mitschreibunfreundlichen Zitate:

    Das Kittler-Quote:
    “Massenkommunikation, mit anderen Worten, wird erst zugelassen, wenn es alles zu konsumieren oder zu hören gibt und nichts mehr abzuhören. Rezeption, ..., ist nur ein Euphemismus für systematisch verstellte Interzeption.”

    Das Reichspostministerium 1919:

    “Eine allgemeine Freigabe der Benutzung fon Empfangsapparaten zur Aufnahme beliebiger Nachrichten, wie sie in einigen Ländern erfolgt ist, in denen der Staat sich mit der Beförderung drahtloser Nachrichten im inneren Verkehr nicht befaßt, hat seine großen Bedenken, denn es würde damit jedermann technisch möglich werden, alle in der Luft befindlichen Nachrichten abzuhören.”

    Und dieser Frankfurter Rekord-Denunziant ist meines Wissens nicht so richtig verbürgt, aber wäre auch als reines Gerücht bezeichnend. Das mit dem Tonband erzähl ich aber lieber im meatspace, das artet hier sonst aus.

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