Futuristische und utopische Notizen von Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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16.28 Uhr:
Jetzt wird es gefaehrlich, denke ich mir: "moot", der Koenig von 4chan, spricht. Und zwar vor einer Wand, auf die Textnachrichten via SMS sendbar sind, mit (in ihren letzten Stellen) anonymisierten Nummern: kurz; Anonymous. Aber meine Befuerchtungen sind unnoetig: "moot" liefert eine voellig nuechterne und sachliche Beschreibung des technischen Forenaufbaus von 4chan, der Demographie seiner Nutzer (angeblich "18-34 years old", zumindest die erste Zahl bezweifle ich, bei all dem Webcam-Jailbait, den man da geliefert bekommt; die "male-female ratio" 2:1 dagegen koennte hinkommen, in Anbetracht des Weiblichkeits-Anteil bei diesem Webcam-Jailbait), der Usability der Seite ...
Gut, irgendwann faengt auch an mit den radikaleren Eigenschaften, der "zero barrier to entry", der Anonymisierung der Nutzer, der Filterlosigkeit der Seite; man kann sich die Flut denken, die aus solchen Eigenschaften emergieren mag, vor allem, wenn man mal einen Blick in 4chan hineingeworfen hat, aber moot verkneift es sich vollstaendig, das Ergebnis auch nur anzudeuten.
Die Wand hinter ihm wird dieweil langsam von Anonymous gekapert: "4chan /s/ pedobear approved", "Twitterwall is slow. Repost from Twitter: 4chan talk. urge to shout "GTFO NAMEFAG" #sage #rp09", "hi,my name is boxxy" ... Und dann startet die Rezitation eines gewissen Rick-Astley-Liedtextes Zeile fuer Zeile, wohlgemerkt jede von einer anderen Telefonnummer. Und dann leert sich die Wand und schaltet sich vollstaendig ab.
moot bleibt dabei unbeeindruckt, auch durch die Verhaltenheit der Publikumsreaktion. Dafuer wird sein Thema jetzt fuer mich als Referent des morgigen "Egoistischen Mems" interessanter, denn er geht nun doch zumindest ein auf die aussenperspektivisch zwar irritierende aber immer noch (zumindest in der angestaubten Postmoderne) gesellschaftsvertraeglich erscheinende Wirkung als Ursprung von eher durch Absurditaet statt Aggressivitaet auffallenden Memen wie LOLcats und Rick Roll; das fuehrt zu Fragen wie "Wie entsteht ein erfolgreiches Mem?" bzw. "Was ist da der Selektionsdruck?", denen ich mich morgen auch widmen will. Einige Stichworte, die er als Merkmale erfolgreicher Meme in den Raum wirft (und zu denen ich morgen noch Einiges auszuweiten hoffe): "Appeal", "Accessibility", "Timing", "Relevance" (aber letztlich sei "unpredictable", was sich durchsetze, was man natuerlich auch als blosse Kapitulation des in seinen Komplexitaetserfassungen beschraenkten menschlichen Geistes vor dem Chaos der Evolution lesen kann) und als Spielfeld-Bedingungen "openness" und "limit restraints"/"don't stifle creativitiy".
Und am Ende schwallt ihm ein grosser Applaus entgegen, der (zumindest in meiner Fantasie) so klingt, als beziehe er sich weniger auf seine (solide, aber unspektakulaere) Vortragskunst eben, sondern auf seine Rolle als die eine Pandora, die bereit war, die Buechse zu oeffnen.
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“Dem gediegensten Wissen konnte der flachste Dilettantismus bisweilen den Rang ablaufen.”
(Jacob Burckhardt über schwierige Begleiterscheinungen der Karriere des “Humanisten”
, Kultur der Renaissance, 10. Aufl. von L. Geiger, S. 301)
#Internet_generell, 4chan ist ja, wie ich das verstanden habe, etwas spezielles, eine eigenständige Intelligenz.