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Das Ende von Schule und Experte, der Aufstieg des Skulpteurs des eigenen neuronalen Netzes

Für zwei Sachen wird es langsam Zeit, zu erodieren: die klassische Schulbildung und den klassischen Expertenstand. Die Frontalunterrichts-Paukerhaft in der Schulanstalt ist sowohl informationstechnisch als auch gesellschaftsmoralisch überholenswert. Der Experte als Gefäß ausdefinierten Spezialwissens wird von den neuen Informationssystemen und Informationszugängen überholt. Der Geistesarbeiter der Zukunft ist Skulpteur eines besonders originellen eigenen neuronalen Netzes.

Kurze Geschichte eines Wissens innerhalb des menschlichen Kopfes

Sowohl klassische Schulbildung als auch klassischer Expertenstand hatten lange Zeit ihre Existenzberechtigung. Immer komplexere Anforderungen von Leben und Kultur erforderten für ihre Lösungen immer ausgefeiltere intelligente Systeme. Diese Lösungen konnten nur von menschlichen Akteuren ausgeführt werden, und zwar nur auf der Basis von allgemeinem wie spezialisiertem Wissen.

Wissen konnte außerhalb konkreter menschlicher Akteure langzeitgespeichert werden: Erzählung, Bild, Schrift. Für seine Anwendung musste es aber dem konkreten menschlichen Akteur im konkreten Fall zur Verfügung stehen, und zwar direkt und ohne Verzögerung. Es ist ineffizient, beim Sammeln im Wald zur Unterscheidung des essbaren vom nicht-essbaren Pilz für jeden Fall erst eine botanische Bibliothek im Heimatdorf frequentieren zu müssen. Es ist ineffizient, für jeden chirurgischen Handgriff bei einer Operation erst nachblättern zu müssen, was dieser oder jene organische Klumpen im Körper da macht und womit er verbunden ist. Kurz: Es war notwendig, das angesammelte Arbeitswissen über die Welt nicht nur irgendwo extern zur Nachschlagbarkeit, sondern arbeitsmäßig erforderliches Wissen auch direkt im Kopf seiner Anwender zu speichern.

Das bezieht sich natürlich nicht nur auf reines lexikalisches Wissen. Im weiteren Sinne bezieht es sich auch auf Wissen der Art, den angemessenen Nachschlageort zu kennen, anwendungsspezifische Kriterien für die Vertraulichkeit oder Wichtigkeit von Informationen zu besitzen und sich größerer Zusammenhänge und Einbindungen der Informationen bewusst zu sein. Mehr noch dieser zweiten Art von Wissen als der rein lexikalischen verdankt der klassische Experte seinen Ruf und seine Funktion, Informationen eines bestimmten Bereiches besser einordnen und bewerten zu können als ein Laie.

Kurze Geschichte eines Wissens außerhalb des menschlichen Kopfes

Nun haben wir das Weltlexikon Internet. Mit Eintippen eines Begriffs erhalte ich, je nach Plattform, eine oder unendlich viele Definitionen und Kontextualisierungen desselben. Über mein Mobiltelephon von überall. Mit einer zunehmend vernachlässigbaren Verzögerung, die in zeitlicher Dauer auf Null zugeht, und in manuellem Aufwand auf das direkt von meinen Gedanken gesteuerte Google-Hirnimplantat.

Die Ergebnisse sind mal mehr, mal weniger kanonisch. Üblicherweise werde ich aber nicht am Mangel einer richtigen lexikalischen Definition zugrunde gehen, sondern eher am übermäßigen Vorhandensein falscher lexikalischer Definitionen, die neben allen eingescannten Büchern aller Bibliotheken, aus denen das klassische seriöse Wissen sich speiste, auch noch angeboten werden.

Siehst du, werden klassische Schulbildung und klassischer Expertenstand aufbegehren, du wirst uns also weiterhin brauchen! Denn die Informationen werden zwar alle zugänglich sein, aber etwas anfangen mit ihnen kann man nach wie vor nur, wenn man die zweite eben definierte Art von Wissen in seinem Kopf hat, wenn man also weiß, an welcher Stelle man das Wissenschaos auf Nachfrage anpieksen muss und welchen Informationen man vertrauen kann und welchen nicht. Und dafür sind wir da.

Das halte ich aber für kurzsichtig, denn:

Warum sollte sich, was in klassischer Schulbildung und klassischem Expertenstand an Wissen der zweiten Art vermittelt wird -- Relevanzkriterien, standardisierte Verhältnisse von Informationen untereinander, Kontexte --, nicht zu großen Teilen genauso in eine über eine Digitaldatenleitung bei Bedarf abrufbare Form packen lassen wie das lexikalische Wissen der ersten Art? Was sich an Wissen derart standardisieren und formalisieren lässt, dass es in Lehrpläne, Einführungstexte und Übungslektionen passt, kann genauso gut übers Gehirnkabel und Künstliche-Intelligenz-Expertensystem erledigt werden wie über Schulbank und Experten-Befragung. Zugleich bilden sich schon jetzt im Netz dem Netz eigene Strukturen zur Ordnung und Wertung von Informationen, nicht zuletzt dank immer intelligenterer Algorithmen der Suchmaschinen und sozialer Kontrolle durch umfassender Auskommentierbarkeit von allem, die das Netz selbst zum ultimativen Experten-Gehirn anwachsen lassen.

Das Schulsystem ist nicht mehr zeitgemäß, news at 11

Nun kommt dem Schulsystem in seinen Aufgaben seitens der Gesellschaft zugegebenermaßen weit mehr zu als nur die Vermittlung von Buchwissen: Menschenformung, Sozialisation, Anlernung von Arbeitsmethoden, Gleichschaltung vieler auf eine gemeinsame Welt von Bezugspunkten als gesellschaftlichem Fundament.

Einerseits finde ich, nach obigem Argument naheliegenderweise, dass das Schulsystem informationstechnisch neu gedacht -- wenn nicht sogar: entschlackt -- gehört, wenn Wissen nicht mehr ins Gehirn selbst eingeätzt werden muss, um jederzeit vom Gehirn abrufbar zu sein. Für das, was an Zeit und Energie in das Einpauken von Buchwissen verschwendet wird, ließen sich gewiss sinnvollere Ventile finden, idealerweise frei vom Schüler gestaltbar.

Andererseits möchte ich aber auch die kollektivistische Schulbank an sich hinterfragt wissen. Mit dem 20. Jahrhundert von couch-potato-Massenpsychologie und Top-Down-Broadcasting sollte sich doch eigentlich auch der Top-Down-Frontalunterricht erledigt haben, worin eine Autoritätsperson eine Vielzahl von Menschen in gleiche Anforderungsformen zwängt. Es geht mir gar nicht so sehr um das, was man im Volksmund unter "antiautoritärer Erziehung" versteht, sondern darum, dass im 21. Jahrhundert nicht Ähnlichkeit, sondern Verschiedenheit gefördert gehört, nicht Einheitlichkeit, sondern Originalität. Gerade auch den wirtschaftlichen Anforderungen des neuen Jahrhunderts wird man nicht gerecht, indem man in klassische Berufsherausforderungen normiert, sondern nur, indem man kreative und intellektuelle Eigenständigkeit fördert.

Ein Menschenbild, dass die Volksgemeinschaft überwunden hat, sollte vielleicht auch den Klassenverband überwinden.

Das Ende des Experten

Mit Erosion des klassischen Expertentums meine ich vor allem die Erosion einer Autoritätsposition des klassischen Expertentums und eines bestimmten Kredentialismus desselben.

Polemisch verkürzt lässt sich das bereits beispielhaft beweisen an der Lächerlichkeit, die mittlerweile jeden Auftritt einer mit "Experte" für Dies und Das unterschriebenen vermeintlichen Autorität in einem Fernsehmagazin wie "Panorama" oder dergleichen begleitet. Gegenüber einem Kritikermeer aus dem Internet, das mit Google sofort jedes selbsternannte Expertentum hinterfragt, muss schon mehr aufgefahren werden als Feuilleton-Prominenz. Da hilft auch ein akademischer Titel nicht mehr: Kommt in ein Forum wie Slashdot ein Doktortitel zur Autoritätsuntermauerung geflattert, führt das eher zu Skepsis als zum Nicken einer Internet-Gruppenidentität, die in sich selbst aufgrund ihres beängstigenden Umfangs genug Fachwissen vereinigt weiß, um mit jedem Wissenschaftler ein Gespräch auf Augenhöhe zu führen.

Die neue Wissenskultur ist eine des rasant lernfähigen Dilettantismus, einer hypereffizient flachen Hierarchie der Wissenskommunikation zwischen Blogs und Wikis und Unkonferenzen, auf denen das Publikum mehr zum Thema zu sagen hat als der Referent. Hier darf zwar alles gesagt und behauptet, dank Hypertext aber auch hinter jeder Bemerkung ein Quellenverweis erwartet werden. In einer Ökonomie der Knappheit von Informationszugang war es duldbar, dem klassischen Experten eine gewisse Informationsautorität zuzuschreiben, denn wer außer ihm hatte schon Zugriff auf all diese Quellen; im Zeitalter des Internet dagegen muss der Experte nicht nur gegenüber den Kollegen, sondern auch gegenüber den Laien hinter jeder seiner Bemerkungen ein "[citation needed]" (wie in der Wikipedia üblich) dulden, egal wieviele Jahrzehnte an persönlicher Wissens- und Lernarbeit in ihr aufgehen mögen.

Der Experte als Torwächter des Wissens wird obsolet und auch als Lehrmeister nur noch akzeptiert, sofern er sich von der nun alle umfassenden Masse derer, denen das Wissen auf Mausklick zur Verfügung steht, durch besondere Wissensvermittlungskompetenzen absetzt. Wissen in einer Form in sich zu tragen, die aus dem Netz direkt via Hirnimplantat von jedermann abgerufen kann, wird für sich wertlos.

Stattdessen: Skulpteur des eigenen neuronalen Netzes

Ich halte es dennoch nicht für wertlos, den eigenen Kopf mit Wissensarbeit auszulasten. So beachtlich das Weltenhirn Internet und so grandios die Aussichten für Künstliche Intelligenz in den nächsten Jahrzehnten sein mögen, im Augenblick ist dennoch die Vielheit menschlicher Gehirne die beachtlichste Intelligenz des Planeten und vielleicht, je nach Fermi-Paradox-Interpretation, des Universums. Es wäre Verschwendung, sie darben zu lassen; umgekehrt: Jetzt, wo neue Intelligenzsysteme entstehen, sollten wir das vorhandene gerade durch Verschaltung mit den neuen zu ungeahnten Höhen (und in letzter Konsequenz hoffentlich einer Verschmelzung) treiben können. Dazu müssen wir uns aber vielleicht auf einen neuen Begriff, ein neues Denken unserer eigenen Intelligenzmaschinerie besinnen.

Wir müssen loskommen davon, den Inhalt unseres Gehirns als eine endlich beschreibbare Festplatte zu denken, die man in Schule, Universität und Alltag mit Erforderlichem füllt, damit sie im Verband mit einer separaten Recheneinheit einigermaßen autonom ihren Träger durch die Welt führen kann. Das menschliche Gehirn ist weitaus komplexer aufgebaut als eine Festplatte, es ist ein neuronales Netz, worin alles mit allem verwoben ist und so aus einer ständig sich neu formierenden Vielheit von Verknüpfungen je nach Input ein ganz wunderbar überraschender, intelligenter, kreativer Output entstehen kann. Was wir wahrnehmen, denken, lesen, hören, sehen formt diese endlosen Verästelungen, aber auf viel kompliziertere, mehrdimensionale Weise als übliche Metaphern des Lernens glauben machen. Zehn Jahrtausende menschlicher Zivilisation legen Zeugnis ab von den beachtlichen Intelligenz-Potentialen dieser neuronalen Netze.

Es erscheint mir naheliegend (und jetzt stoße ich recht schnell in spekulative Höhen vor, wohlgemerkt mit extrem eingeschränkter Laienkenntnis der Fachbereiche), davon auszusgehen, dass die genialischen intelligenten Funken dieser Zeit nicht dort entstanden sind, wo neuronale Netze durch die gleichen Einflüsse, die gleichen Ideen, die gleichen Meme vollkommen gleich strukturiert wurden, sondern dort, wo Verschiedenheiten aufeinander trafen und dabei Originalität generierten. Ist es also nicht eine ungeheure Verschwendung von Intelligenzpotential (bzw. der hierfür aufbringbaren Zeit und Energie), Millionen von Gehirnen gegen die individuellen Verschiedenheiten ihrer Interessen das Gleiche einzupauken, wenn die Ausführung dieses Gleichen längst durch externe Systeme erledigt werden kann? Ist es dann nicht auch schon Verschwendung von Intelligenzpotential, überhaupt etwas einzupauken, das ja nur dadurch einpaukbar wird, dass es schon vorhandenes Wissen darstellt?

Neue intelligente Funken im Weltwissen und -denken würden so eher vorangentrieben durch neuronale Netze, die originell strukturiert sind, deren Intelligenz sich mit neuen Dingen der Welt oder mit alten auf unübliche Weise beschäftigt, als durch jene, die nur Vorhandenes kopieren. Eine einflussreiche Intelligenz wäre dann nicht dasjenige Netz, das niedergeschriebenes Expertenwissen in sich weiß, das sowieso inzwischen jedem zur Verfügung steht, sondern dasjenige, das seine Neuronen so originell verschaltet hat, dass es die neuartigsten Ideen, die ungewöhnlichsten Einfälle in die Runde zu werfen weiß. Der Marktwert des Geistesarbeiters der Zukunft bestünde in einem besonders originell von ihm selbst skulpturierten neuronalen Netz, das sich in einem Geist ausdrückt, der zum Beispiel Einflüsse von Fachgebieten, die gemeinhin nicht zusammengedacht werden, auf unkonventionelle Weise kombiniert; ein neuronales Netz, das gegenüber anderen neuronalen Netzen mit eigenen Denk- und Bewertungsansätzen brillieren kann. Er müsste als Autodidakt primär Verschiedenes lesen und erarbeiten, oft Neues probieren, eigenwillige Pfade, Interessen und Erfahrungswelten pflegen, aufpassen, nicht in einem Denkparadigma hängen zu bleiben (das früh genug normiert und in den Allen abrufbaren Weltspeicher eingespeist wäre) und vor allem auf der Hut sein, nie zu sehr in eine bereits ausdefinierte Nische zu rutschen. Es würde eine Konkurrenz der Innovation, des Probierens von Neuem und von Andersartigkeit herrschen.

P.S.: Die Schule der Zukunft stell ich mir ungefähr so vor.

Nachtrag: Weitergehende Gedanken inspiriert von den untenstehenden Kommentaren hier.

Wednesday May 7, 2008

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Kommentare

  1. Detlef Borchers / 08. May 2008, 10:04 Uhr

    Nanu, was ist los? Hast du beim ILS angeheuert? Ich finde es jedenfalls ganz erstaunlich, dass gerade die Lehrer, die sich heute noch um den Unterricht Gedanken machen, zum ILS gehen….

  2. Benni / 08. May 2008, 11:55 Uhr

    Das “alle lernen das gleiche” war funktional im Industriezeitalter, wo ja dann auch hinterher in der Fabrik alle das gleiche arbeiten mussten.

    Deine Schulen der Zukunft gibts längst: Sudbury

  3. Franz RASCH / 08. May 2008, 13:26 Uhr

    Nun, wir glauben auch, eine solche Schule zu sein, auch wenn wir Sudbury wohlwollend-kritisch gegenueberstehen:
    ARETE Schulen und Kindertageseinrichtungen

  4. Martina Middeldorf / 08. May 2008, 14:21 Uhr

    Die vielen gleichgemachten Schulabsolventen, werden vielleicht gebraucht, um das Verhältnis auf dem Arbeitsmarkt so zu beeinflussen, dass die Nachfrage größer ist als das Angebot. Lohndumpingpolitik? Arbeitssklaven kann/konnte man doch noch nie genug haben.

  5. Martina Middeldorf / 08. May 2008, 14:24 Uhr

    Die vielen gleichgemachten Schulabsolventen, werden vielleicht gebraucht, um das Verhältnis auf dem Arbeitsmarkt so zu beeinflussen, dass die Nachfrage größer ist als das Angebot (Arbeitnehmerperspektive). Lohndumpingpolitik? Arbeitssklaven kann/konnte man doch noch nie genug haben – oder?

  6. dominik / 08. May 2008, 16:09 Uhr

    Zwar wenig wirklich Neues, aber seit langem die beste Zusammenfassung des Ist-Zustands zum Thema.
    Großes Lob von mir, finde ich wirklich sehr gelungen!

  7. Erik / 08. May 2008, 22:29 Uhr

    Also ich glaube, Du gehst etwas hart mit der Funktion der Schule ins Gericht. Gleichmacherei ist nie absolut möglich gewesen und wird auch nicht mehr angestrebt.

    Versteh mich nicht falsch. Ich kann das ganze deutsche Bildungssystem nicht ausstehen. Meinetwegen kannst Du alles einstampfen und privatisieren. (Das wär mal was!)

    Aber moderne Ausbildungskozepte bemühen sich ja in erster Linie darum, Kompetenzen zu vermitteln (Lesen, Schreiben, Rechnen, Analysieren, Interpretieren, Erörtern und unzählige mehr). Dazu gibt es Erfahrungsbezogene und Kooperationskonzepte in verschiedenster Form. In manchen deinen Sätzen wird der Eindruck eines Nürnberger Trichters erweckt.

  8. dominik / 09. May 2008, 12:40 Uhr

    Hier eine Idee, wie die Schule konkret vielfältig werden könnte: linktext

  9. Martin Hiegl / 09. May 2008, 20:44 Uhr

    Sorry, du irrst. Die Schule soll die notwendige Grundlage geben, welche im großen und ganzen nicht für jeden anders ist, sondern nur im Speziellen. Du magst damit recht haben, dass dieses Spezielle teilweise zu wenig berücksichtigt wird und möglicherweise auch zu langsam auf neue Themen reagiert wird (Informatik sollte ab der 5. Klasse bis zur 7. oder so zweistündig mitlaufen), aber tatsächlich ist es nicht so, dass man einfach Wissen aus dem Internet ziehen kann. Man bekommt erstmal nur Daten, Informationen, welche zu Wissen verarbeitet werden müssen. Ohne die “Basis“bildung der Schule und so genanntes Allgemeinwissen, ist das nicht möglich. Dabei recht es auch nicht nur dort gebildet zu werden, wo man seine Stärken hat, sondern gerade auch bei den Schwächen ist es wichtig dazuzulernen.
    In den Lehrplänen steht zudem die Vermittlung des Wissens im Kontext der Vermittlung der Kompetenzen, wie Erik schon anspricht.
    Ich habe Wirtschaftsinformatik studiert und konnte dabei sehr gut beobachten, wer aus welchem Bundesland kam und welche Vorbildung mitbrachte. Da hat es nicht einfach für jeden gereicht im Internet die Themen nachzuschlagen – zumindest nicht, wenn es auf mehr als auswendig Gelerntes ankam.

  10. lukas / 10. May 2008, 19:40 Uhr

    “Das menschliche Gehirn ist weitaus komplexer aufgebaut als eine Festplatte, es ist ein neuronales Netz, worin alles mit allem verwoben ist und so aus einer ständig sich neu formierenden Vielheit von Verknüpfungen je nach Input ein ganz wunderbar überraschender, intelligenter, kreativer Output entstehen kann.”

    Die Metapher vom “neuronalen Netz” (auch die ist erst einmal nur eine Metapher unter vielen) greift nur auf der allgemeinsten Makroeben und führt deshalb nicht allzu weit. Im Gehirn ist nicht alles mit allem verwoben, sondern höchstens vieles mit vielem und es ist aller Wahrscheinlichkeit nach durchaus hierarchisch aufgebaut, nur ist die Neurowissenschaft noch weit davon entfernt, die Hierarchien vollständig zu durchschauen. Ständig neu verknüpfen tun sich diese Vielheiten auch nicht, das allermeiste ist da schon vor der Einschulung entschieden, eine tabula rasa ist das Gehirn nicht mal bei der Geburt. Bewegt man sich auch nur einen Schritt von der Makroebene weg, muss man sich mit Differenzen zwischen Arbeits- und Langzeitgedächtnis oder zwoschen fluider und kristalliner Intelligenz beschäftigen, die dafür sorgen, dass die faktischen Leistungen des Gehirns doch recht deutlich determinierte Ergebnisse zeitigen (nicht umsonst beschäftigt sich eine ganze Wissenschaft mit solchen Fragen). Ehrlich gesagt bezweifele ich sehr, dass mit Neukonzeptionen von Schule als Gehirnoptimierungsanstalt (ob nun hart-naturwissenschaftlich, was ja schon lange und in den letzten Jahren immer intensiver betrieben wird, oder wie in Deiner Version anarchistisch-libertär) viel zu holen ist, dazu ist Schule doch stets zwangsläufig zu sehr in die Gesellschaft als Ganzes eingelassen. Eher wäre Schule gerade in dieser soziopolitischen Rolle als ideologischer Staatsapparat neu zu denken.

  11. Jean-Pol Martin / 22. March 2009, 07:14 Uhr

    Ich denke auch in diese Richtung (der Mensch als Neuron, das Internet als Gehirn, die Schule wird sich völlig ändern):
    http://jeanpol.wordpress.com/theorie-menschenbild-in-3-folien-und-drei-filmchen/

  12. apanat / 24. September 2009, 17:18 Uhr

    Kürzer als es hier getan wird, kann man kaum zusammenfassen, welcher Illusion manche Befürworter von Web 2.0 unterliegen. Der Einzelne schafft sich sein neuronales Netz. Hilfe überflüssig.
    Jean-Pol Martins Lernen durch Lehren (http://wiki.zum.de/LdL) geht zwar von einem ähnlichen Menschenbild aus, kommt aber zu einer ganz anderen Praxis: Erst was man lehren kann, hat man richtig gelernt. Aber dazu muss man Lehren lernen, d.h. man muss lernen, wie man das, was im Netz auf einen einströmt, sinnvoll organisiert.
    Dabei kann einem geholfen werden: durch Vorbilder und durch Kommunikation.

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