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24c3 #25: flüssige Cyborg-Identitäten, post-gender, Hacker-aktivistisch

(Bloggen vom Chaos Communication Congress)

16.00 Uhr: ‘Lieber Cyborg als Göttin’ – Cyborgfeminismus und politischer Hacktivismus

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Cyworg versucht, Donna Haraways 1985er Cyborgmanifest auf die Technogegenwart zu münzen und davon ausgehend über Strategien für politischen Hacker-Aktivismus nachzudenken.

Wir sind Cyborgs, Verbindung von Technik und Organismus, Mensch und Maschine. In der physischen Welt tragen wir Maschinenprothesen, vom avancierten Ersatzbein bis zu Laptop und Handy. Zugleich sind wir nicht mehr nur in der physischen Welt, sondern werden durch Überwachungsapparat und technische Erfassung immer umfassender in Bytes verlagert und so in die Maschinenwelt eingebunden.

Das Aufheben der Grenzen als Ziel, die Grenzen verschwimmen, physikalisch-nichtphysikalisch, Mensch-Maschine, Tier-Mensch[*]. Cyborgs sind übrigens Post-Gender. Analog der Grenzziehung Natur-Kultur, die früher der Grenzziehung Frau-Mann entsprach, zerfließt auch die Grenzziehung zwischen Geschlechtern. Und wenn wir dank Biotech morgen keine Frauen mehr dazu brauchen, um neue Menschen zu produzieren, brauchen wir auch überhaupt keine Frauen mehr. (Publikum: “Buh!”) Wenn die Grenzen sich auflösen, schafft das Gelegenheit, über die Grenzen hinweg politisch aktiv zu werden. Erschütterung des Identitäts-Begriffs. Wir verabschieden uns von der Idee einer einheitlichen Identitäts-Essenz, von dem “indem wir Wir sagen, gibt es immer ein Ihr”, anstelle der Identität wird die Affinität gesetzt.

Technik, Kommunikation, Verschaltung und Kodierung machen diese neue Welt heute aus. Und wer kann besser mit diesen Punkten umgehen als die Hackerszene? Wer mit ihnen zu agieren weiß, ist machtsubversiv potent. Hacking der Kommunikationsstrukturen. Cyworg zeigt zur Verdeutlichung des Denkbaren Beispiele aus der Fernsehserie Dark Angel und unter einigem Publikumsgekicher auch aus dem vielgescholtenen Hackers-Film. Zum Hackerparagraphen stellt sie die These in den Raum, ob der Staat hier vielleicht auch seine Angst vor den neuen subversiven Potentialen in Gesetzestext gegossen habe.

Sie preist die Idee “starker und kurioser” internationaler Verbindung von Hackerszene und der nicht-technischen Elite, die die Technik in der Fabrik produziert. Die Weltstruktur wechselt von Hierarchie zu Netzwerk, und durchs Aufweichen der Hierarchie, die größere strukturelle Wechselhaftigkeit, werden auch jene zum Hacken fähig, die nach der klassischen Hierarchie ganz unten stünden, aber ihre Finger nun direkt an der Produktion der Weltstrukturmaschinerie haben. (Ein Einwurf aus dem Publikum wird einwenden, diese Klassenanalyse sei keine besonders gescheite politische Analyse, dass die Arbeiterschaft in Singapur oder Detroit an den Hebeln der Macht säße, wenn sie nur ein Bewusstsein dafür entwickeln würde, dass Klassenhopping möglich sei, klassische Fehleinschätzung der europäischen Postmoderne …)

Auch die Hackerszene muss über ein stärkeres Überwinden der eigenen Grenzen nachdenken. Wie sieht es aus beim Gemeinsam-aktiv-Werden zum Beispiel mit Antifas, Ärzten oder Migranten? Und zugleich: Geht Zusammenarbeit mit allen oder gibt es doch Grenzen? Zusammenarbeit mit Nazis, Verschwörungstheoretikern (okay, zwinkernd, mit Verschwörungstheoretikern gehe wohl klar, sie sei ja hier, Saalgelächter)? Und auch umgekehrt, so mancher technophobe Linksradikale habe keine Lust auf die Hacker. Selbst nach Harraway gibt es Grenzen. Auch Haraway würde eine Verschaltung zum Beispiel mit Nazis ablehnen.

Sie kritisiert einen Mangel guter Aktionsformen für politischen Aktivismus in der Hackerszene. Was ist der zivile Ungehorsam bei Hackern? Online-Demos, Nazi-Seiten-Hacken und mediale Gegenöffentlichkeiten, “einfach andere Informationen in die Welt streuen”, mögen Ansätze sein, aber …

Die anschließende Diskussion verrät eine breite theoretische Fundamentierung des wortmeldenden Publikums, Begrifflichkeiten von Postmoderne, Marxismus, Dekonstruktivismus und “Identitätsfeminismus” fliegen ping-pong-mäßig von Meldung zu Meldung durch den Saal, uffa.

Viel geht es um die Grenzziehung und politische Identitätskultur. Johannes Grenzfurthner (monchrom) möchte nicht Globalisierungsgegner sein, wenn das die Verbrüderung mit einem rechtsradikalen französischen Bauern bedeutet, der McDonalds-Filialen abfackelt; Grenzziehungen sind in diversen Punkten nötig. Zugleich kritisiert er die Fundamentalität von Männlichkeitsgesten in der Hackerkultur, “wir würden uns alle echt was in den Hosenlatz lügen, wenn wir es nicht wahrnehmen wollten”, er redet über die Veranstaltung mit Rainer Fromm und wie der vom Saal behandelt worden sei (ich fand’s eher erstaunlich, wie gut Fromm sich halten konnte in der Veranstaltung und wie oft er große Teile des Saales auf seine Seite ziehen konnte). Ein Anderer möchte das Label “links” kritisieren, “links” nennen sich auch Maoisten und Stalinisten, und sich für Begriffe der Emanzipation stark machen.

Die Referentin verweist auf Kritik an Relativismus der Postmoderne.

“Es geht nicht darum, Identitäten abzuschaffen, sondern sie flüssig zu machen”, ein Einwurf. Ein anderer: Ob sich das Ich in einer Mob-Massenpsychologie auflöse. Die Referentin betont: Harraway sagt nicht, es gibt keine Individuen mehr; es gehe weniger um Auflösung von Identität als dass man Identitäten switchen könne.

Andere Wortmeldung: Erst jetzt können wir das alles, auch das vom Cyborgmanifest Überlegte, als Mainstream erkennen. “Die Kinder, die wachsen als Cyborg auf”, werden ins Konzept der Identitätsflüssigkeit von Anfang an eingewöhnt in ihrem Springen von Social-Networking-Seite zu Social-Networking-Seite. Ich denke an die “Diskussion zum Ego-Striptease” vor einem Jahr zurück und bin beeindruckt, wie weit wir im Diskurs inzwischen sind.

Von anderswo: Kultur als Teil unseres Bewusstseins. Nicht wir Menschen haben die Kultur geschaffen, sondern die Kultur hat uns Menschen geschaffen. Wir sind nicht von unseren Artefakten zu trennen.

Einer: Was doch auch so langsam mal zu überwinden sei, post-gender-mäßig, sei feministischer Sexismus (Veranstaltungen etwa, die women-only seien), als Artefakt aus den Anfängen des Feminismus. “Also ich würde dir widersprechen”, entgegnet Cyworg und erhält dafür großen Applaus. Im derzeitigen Entwicklungsstand sei es eben immer noch nötig, dass Frauen sich auch mal Ruhe vorm Patriarchat gönnen können.

Ich bin ziemlich beeindruckt von Veranstaltung und Diskussion und nehme mir vor, sie erstmal sacken zu lassen, anstatt mir jetzt gleich die Lightning Talks danach zu geben. Abends dann die Congress-Abschlussveranstaltungen …

[*] Fraglos hat die moderne Wissenschaft die biologische Grenzziehung zwischen Mensch und Tier empfindlichst erschüttert. Das Verwischen der Grenzen, wie Cyworg es spezifisch in ihrem Vortrag darstellt, ist mir dann aber doch etwas zu grob vereinfacht, der Art: Menschen können denken, aber auch Delphine können denken; Menschen können Werkzeuge benutzen, aber auch Affen können Werkzeuge benutzen; ergo trenne uns da nix mehr. Also es gibt da schon wesentlich komplexere Diskussionen darüber, welche geistigen Qualitäten den Menschen von der restlichen Tierwelt qualitativ abgrenzen würde, bestimmte Verstandes- und Vernunftformen, intentionales Denken, spezifische Sprachlichkeiten, “Welt” vs. “Umwelt” usw. usf.

Sunday December 30, 2007

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Kommentare

  1. katta. / 07. January 2008, 20:33 Uhr

    Deine Mitschrift hast du ja sogar noch ausformuliert… wow!

  2. Christian / 07. January 2008, 20:38 Uhr

    @katta.: Deshalb dauert das bei mir immer so verdammt lange, vom Mitschreiben bis zum fertigen Blogeintrag ;-)

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