Futuristische und utopische Notizen von Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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21.45 Uhr: Programming DNA
Drew Endy schaut auf das Nerdschlachtfeld vor ihm und beklagt: “Everything in this room is hackable except for the living stuff:” Das wird sich ändern. Die Zukunft gehört dem Bio-Hacking.
Hackbares Leben auf Bakterien- / Viren-Ebene.
Er möchte den anwesenden Coding-Göttern das DNA-Coding schmackhaft machen. Der Virus als “amazing technology platform”, self-assembling nanotech. DNA als ihr Maschinencode.
Diesen in seine Funktionalitäten zu re-engineeren beschreibe im Grunde die Aufgabe des Genetikers. Warum diesen Vergleich nicht ausschlachten und unter den anwesenden nach potentiellen neuen Genetikern suchen? Sicher gibt es hier unter den Anwesenden einen Haufen Großmeister im Fach des Reverse-Engineering. Reverse-Engineering von Gencode wiederum dürfte das Königsprojekt des Reverse-Engineering sein (so gigantisch in seinen Potentialen wie schwer in seiner Praxis, zu sehr regiert noch das Unverständnis darüber, was einzelne DNA-Codebrocken konkret tun). Da sollten sich doch zweie finden.
Lasst uns von diesem Maschinensprache-Assembler-Monster abstrahieren auf höhere Programmiersprachebenen!
Wie ist der Source Code der Maschine ‘Virus’ beschaffen?
Endy gibt guten Wissenschaftspr0n für das, was bereits funktioniert: Bakterien, die zu in photographische Abbildungen wachsendes Material umgeschrieben werden. DNA, die sich aufgrund ihres Codes selbständig in bestimmte Formen faltet, nutzbar zu künstlerischen Zwecken. Indem man DNA engineerbar macht, bedient man sich fröhlich der Denk- und Darstellungsweisen anderer Ingenieursdisziplinen, vom Klassiker vergangener Jahrhunderte bis zur Computerdocumentation.
Schreiben wir den Gen-Code um, um ihn “easer to understand” zu machen. Schreiben wir eine Bakterie um für medizinische Zwecke, damit sie als Reparaturraumschiff durch unseren Körper reist. Schreiben wir das Grünzeug um, damit es sich selbständig zu Architektur auswächst, auf der wir fahren und in der wir wohnen können. Bauen wir den Replikator aus Star Trek nach, ganz ohne Drexlersche Nanofabriken. Er sieht “a lot of room for bio-hacking in the future”, und so manchem im Publikum ist gar nicht so wohl dabei.
Wachstum des DNA-Processings mit Moore’s Law.
Genetik und Biotech kriegen volle Kanne exponentielles Wachstum ab. Es fehlt nicht viel und er käme zu Kurzweil. Er kommt nicht zu Kurzweil, dafür aber ohne direkten Verweis zu Freeman Dysons Vision des Biohacking-Baukastens im Kinderzimmer. Die Beigeisterung fürs Bio-Hacking findet sich bereits jetzt popularisiert. Selbst das MAKE Magazine gibt bereits Anleitung zum Bio-Engineering. Wo wird das enden? Der registrierte und institutionalisierte Wissenschaftler kann sich schon jetzt die DNA fürs Ebola-Virus aus dem Web laden und nur unter öffentlicher Biotech-Kontrolle in Labor-Bedingungen höchster Sicherheitsstufe compilieren; der Amateur-Biohacker der Zukunft dagegen …?
Eine Biohacking-Gebrauchsanweisung.
Das kratzt so an diversen wissenschaftspolitischen Fragen, die für ihn dringenden Klärungsbedarf haben. Sie umfassen nicht nur Fragen der Sicherheit, sondern z.B. auch:
Welches Rechtsmodell entwickelt man für DNA-Code? Mit der Patentierbarkeit läuft es eher nicht so gut, derzeit werden schon alle niedrigeren funktionalen Abstraktionen für Gencode wegpatentiert. Aber auch andere Rechtsmodelle, vom Copyright bis zur Public Domain, bringen so ihre Problemchen mit sich, vielleicht muss man ein ganz eigenes Modell für die Sache entwickeln.
Oder: Wie kann man Biohacking überhaupt zu einem dezentralen Massensport anwachsen lassen? Es geht ja nicht nur ums Hin- und Herschieben der Buchstaben A, C, G und T in einer Textdatei, sondern auch ums Kompilieren. Das Drucken von Gencode in chemischer Form mittels eines “DNA-Synthesizers”. Da wäre doch ein USB-Synthesizer toll, mit dem man die Organismen direkt vom eigenen Laptop runterdrucken kann. Momentan geht der Trend beim Synthesizing leider eher in die gegenteilige Richtung, zur Zentralisierung in Großinstitutionen. Wie kann man den DNA-Synthesizer zu einer “publically available technology” machen?
Für all diese Fragen wird es wichtig sein, überhaupt erstmal eine menschliche Community ums Bio-Hacking zu formen. Vielleicht kann da sowas wie der CCC mithelfen?
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Irgendwie fand ich das Gefahrenpotenzial bei diesen Vortrag extrem hoch. Ich saß die ganze Zeit mit nen leichten Grummeln im Magen dort.
@kai: Kann ich verstehen, ich bin da aber eher optimistisch in diesen Fragen, so als Hobby-Transhumanist (die menschliche Biologie upgraden!). So oder so kann es nicht schaden, die Entwicklungsmöglichkeiten einer breiteren Öffentlichkeit klar zu machen, sei es nun als Warnung oder als Versprechen.
Gibt es irgendwo ein komplettes Video über den ganzen Beitrag?
http://dewy.fem.tu-ilmenau.de/CCC/24C3/matroska/24c3-2329-en-change_me.mkv