2.55 Uhr: 23 Wege, sich im Netz für Bürgerrechte zu engagieren / Markus Beckedahl
Tim ist aus, und Markus redet einfach stur los, obwohl der Raum noch gar nicht zur Ruhe gekommen ist (und auch die ersten Minuten nicht zur Ruhe kommt). Das wirkt jetzt wie ein Schullehrer zum Stundenbeginn, der einfach anfängt und dabei das Geraufe im Klassenzimmer ignoriert, um es mit seiner Ruhe und Ignoranz gegenüber demselben souverän wegzudampfen.
23+ Wege
Es gibt ja so eine Predigt in Probloggerei-Blogs, dass Listen ein unheimlich attraktives und trafficgenerierendes Artikelformat wären. Nach einem ähnlichen psychologischen Schema scheint auch Markus’ Vortrag strukturiert. Ich übernehm die Struktur hier einfach mal zur Probe aufs Exempel. Also, wie kann ich mich im Netz laut Markus für Bürgerrechte engagieren?
1. Kontaktier deinen Abgeordneten (Abgeordnetenwatch.de … Mail …)
2. Adoptiere eine (Jugend-)Organisation (z.B “die Junge Union kümmert sich nur um Killerspiele, die wollen ihr Counterstrike nicht verboten kriegen”, da kann man ja gerne mal deren Perspektive zu erweitern versuchen, angehende Jungpolitiker briefen usw.)
3. Schreib eine Petition! (Petitionssystem des deutschen Bundestages … oder auch Internetpetitionen … Ob eine ‘bloße’ Internet-Petition viel bewirken mag, ich weiß ja nich’ …)
4. Klage gegen Bürgerrechtsabbau! (… oder schreib rechtliche Analysen ins Netz …)
(Markus will wohl Zeit aufholen. Das erklärt auch sein Redetempo. Er holt gar keinen Atem. Er rasselt fröhlich seinen Text runter wie ein euphorisierter Flitzebogen.)
5. Adoptiere Journalisten! (“Warum nicht mal die Vorratsdatenspeicherung in eine Frauenzeitung?”, es muss ja nicht immer Heise sein)
6. Unterstütze Initiativen / Organisationen bei der Pressearbeit
7. Siehe das Bild oben …
(Wow. Wenn er das so weiter in der Geschwindigkeit durchzieht, schafft er seine “23 Wege” in fünf Minuten.)
8. Mach eigene Video-Clips, Podcasts und/oder Interviews mit Experten/Aktivisten! (Hier beginnt er ein Loblied auf diesen zugegeben sehr schick aussehenden Anti-Trusted-Computing-Propaganda-Trickfilm, der vor einiger Weile durchs Netz zirkulierte; da muss ich aber innerlich gegenwettern, ich fand das Werk eine sehr ansehnliche Formübung, aber in seinem pädagogischen Wert fragwürdig, hat da mal jemand eine Felduntersuchung mit gemacht, ob das Laien tatsächlich aufgeklärt hat?)
9. Schenke einen Link! (das mach ich jetzt mal mit Markus’ Seite: netzpolitik.org, Blog-Pflicht-Abonnement)
10. Schreib verständliche Hintergrundtexte! (verständlich im Sinne: die könnten wir unseren Eltern zum Lesen geben und sie würden sie verstehen)
11. Schreib verständliche Flyer-Texte (“Kurz und knackig – keine Bleiwüsten!”)
12. Verbessere Wikipedia-Texte zu netzpolitischen Themen!
13. Gestalte Flyer, Banner, T-Shirts, Animationen
14. Visualisierung von Lobbygruppen / Gesetzes-Frameworks!
(Markus denkt offenbar, er wäre bei den Lightning Talks. Oder ist das eine Vorübung für Pecha Kucha?)
15. Programmiere Infrastrukturen für den sozialen Wandel! (das klingt jetzt aber echt etwas anspruchsvoll)
16. Betreibe selber freie Infrastrukturen (Freifunk.net) oder Anonymisierungsinfrastrukturen (TOR / JAP)!
17. Schreibe verständliche Dokumentationen für “Privacy Enhancing Tools”! (ja, das wär mal was, ich muss gestehen, das meiste davon ist mir immer noch zu kompliziert, das liegt aber vielleicht weniger an Unfähigkeit der Gebrauchsansweisungsschreiber als an der Usability der Programme)
18. Unterstütze Organisationen und administriere ihre Infrastrukturen! (aber dann bitte nicht anfangen und zwei drei Monate später ohne Ersatz gleich wieder abspringen)
19. Unterstütze Organisationen und spende / sammele Geld
20. Schreibe Anträge für Stiftungen / Förderungen! (es gebe auch irgendwie einen Mangel an netzpolitischen Stiftungen in Deutschland, verglichen z.B. mit den USA)
21. Mundpropaganda! (alles vom Drüber-Bloggen und Ver-Web-2.0-Networken bis zum, äh, persönlichen Gespräch mit Freunden und Familienangehörigen)
22. Mach Infostände, Kulturveranstaltungen und kleine Aktionen! (das klingt nach Spaß, also letzteres beides, ersteres nicht; Markus gibt auch Ratschläge, wie man Aufmerksamkeit auf sich ziehen kann: “es ist ja auch nicht jedermanns Sache, sich auszuziehen, es reicht ja manchmal schon in der Unterwäsche dazustehn, dann kommen auch schon die Zeitungen”)
23. Guerilla-Aktionen! z.B. Veranstaltungen von Lobbygruppen hacken! (weil, man habe die Erfahrung gemacht, wenn man bloß eine eigene Pressekonferenz zu irgendeinem netzpolitisch relevanten Thema gäbe, käme keine Presse; “außer Heise, aber wenn Heise kommen soll, können wir ihnen auch eine E-Mail schicken”)
24. Verwende freie / offene Lizenzen! (jaja, mach ich ja schon; aber huch, der Punkt wurde als Punkt 25 ausgegeben; toll, Markus, jetzt hast du so schnell geredet, dass mir auf dem Weg ein Punkt durch die Lappen gegangen ist)
Und …… fertig! Kann bitte jemand den Gong schlagen? :-)
Markus hat ja fast im Alleingang den ganzen Schedule-Lag wieder reingeholt ;)
Saturday August 25, 2007
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(hier war mal AdSense-Werbung, heute aber nicht mehr)
Kommentare
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die Rhetorik(un)künste von Markus und sein manchmal sehr selbstverliebt erscheinende Art machen es mir fast unmöglich, ihn und sein Anliegen zu mögen
und sein Blog lese ich deshalb irgendwie auch nicht weil ich ihn nicht mit den cliks und PI weiter in seiner selbstverliebten Art bestätigen will.
ich weiß: doof irgendwie, aber so ist das nun mal bei der Menschheit mit Sympathie und Antipathie. Viel Mist ist deshalb oben/beliebt/hat sich durchgesetzt weil die Menschen dahinter netter erscheinten als zum Beispiel die Müslikrieger der Antiatombewegung
Von den Rhetorikunkünsten hab ich wenig mitbekommen bei dem Vortrag. Ob man jetztpolitisch aktive / Müslikrieger (Das Wort offenbart ja schon eine gewisse Tendenz) mag oder nicht, scheint subjektiv zu sein.
War ja eigentlich für 2 Uhr zum reden eingeladen und freute mich auf das Konzert von Jeans Team. Aber wenn die Vorredner alle hoffnungslos überziehen und man erst weit nach 3 Uhr dran ist, muss man sich ein wenig beeilen, um wenigstens noch das letzte Lied von Jeans Team erleben zu können. Hat auch geklappt. :-)
@Paul: Hm, das mit der “Selbstverliebtheit” kann ich irgendwie nicht nachvollziehn.
@Markus: Ah :) Das erklärt natürlich alles. Und? Welchen Punkt hab ich ausgelassen? ;)
Du hast keinen Punkt ausgelassen. Der letzte Punkt war eher ausser Reihe, also die Nummer 24.