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... mit Biotech zurück zur Open-Source-Ursuppe …
Futurist Freeman Dyson macht sich aktuell in der New York Review of Books ein paar sehr große Gedanken über biotechnologische und evolutionspraktische Paradigmenwechsel der Zukunft.
Herr Dyson (prominent vor allem als Erfinder der sogenannten “Dysonsphäre”) sieht dabei in “Our Biotech Future” die Zukunft der Biotechnologie nicht in zentralisierten Großprojekten einer Großwirtschaft, sondern umgekehrt in der Miniaturisierung, Dezentralisierung und Amateurisierung biotechnologischen Werkelns. Die künstlichen Organismen der Zukunft werden seiner Meinung nach eher in privaten Genbaukästen im heimischen Kinderzimmer entstehen als im Multimilliarden-Dollar-Labor. Die Erzeugung künstlichen Lebens werde zu einer alltäglichen Kulturtechnik aufsteigen, massenhaft und hoch diversifiziert praktiziert, die rasch eine so unüberschaubar breite wie auch fruchtbare Open-Source-Vielfalt an neuer Biotechnologie hervorbringen werde.
Evolutionstheoretisch wendet Dyson das Ganze dann mit ein bissel Carl Woese: Erst seit einer einige Milliarden Jahre zurückliegenden ‘Darwinschen Schwelle’ verlaufe Evolution vertikal, d.h. spiele sich der Gentransfer allein innerhalb artenspezifischer Weiterentwicklung ab, während die verschiedenen Arten des Lebens untereinander genetisch inkompatibel seien. ‘Vor’ der Darwinschen Schwelle sei die genetische Evolution des Lebens dagegen noch horizontal verlaufen, im gegenseitigen Gen-Austausch über die ganze Breite einer Open-Source-Ursuppe hinweg. Es konnte quasi noch jeder Organismus mit jedem. Dieses Modell dreht Dyson dann auf die Zukunft um und sieht in der zuvor von ihm skizzierten Ära der Biotechnologie eine neue Abkehr von der vertikalen Darwinschen Evolution zurück zur horizontalen Open-Source-Ursuppe:
Entsprechend dem viel offeneren, über Grenzen hinweg kommunikativeren, horizontaleren Prozess kultureller Evolution [*] definiere sich auch die biologische Evolution wieder um, wenn der Mensch sie einmal seinem wissenschaftlichen Werkeln zu unterjochen versteht. Gencode wird zwischen inoperablen Arten hin und her geschoben, irgendwann die Grenze zwischen den drei großen biologischen Domänen im Gencode-Basteln übersprungen, die Vertikalität der Darwinschen Evolution aufgebrochen.
Als Konsequenz prophezeiht Dyson eine machtvolle Renaissance ‘grüner’ (= biologischer) Technologie gegenüber ‘grauer’ (chemisch-physikalischer), die die letzten Jahrtausende auf dem steigenden Ast gewesen sei. Er schreibt von Pflanzen und ganzen Wäldern, die biotechnologisch in ihren photosynthetischen Potentialen ins Unermessliche hochgepusht werden und so zu den Mega-Kraftwerken der Zukunft geraten. Er sieht ein Wiedererblühen ländlicher Kultur, die größere Potentiale für biotechnologische Revolution biete als die kalte Enge urbaner Räume.
[*] Dyson nähert sich dabei Richard Dawkins an, der in The Selfish Gene auch schon darauf verwies, wie die memetische Evolution (das “Mem” als Wortschöpfung Dawkins’ für die kleinste Einheit kultureller Evolution, der Verbreitung und Entwicklung von Ideen / Informationen) in ihrer Struktur so viel offener, freier, ursuppenartiger verlaufe als die strukturell so hochspezialisiert-feste genetische Evolution. (Siehe futur:plom-Artikel über Richard Dawkins’ The Selfish Gene.)
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Freeman Dyson hat meiner Meinung nach nicht wirklich verstanden, wie Evolution funktioniert, und er hat eine reichlich naive Vorstellung davon, was die Zukunft uns bringt. Eine kühne Behauptung vielleicht, aber ich begründe sie hier: http://karlolsberg.twoday.net/20070804/