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re:publica 07 #14: Darf ich das bloggen?

(Bloggen von der re:publica)

Tag 2, 11.36 Uhr: Darf ich das bloggen? Was ist erlaubt, was nicht? Was tun bei Abmahnungen?

[Disclaimer lesen, bevor hier irgendwas rechtlich ernstnehmen]

Die Veranstaltung ist als Podcast-Aufnahme-Session von Laura Dierking konzipiert, dementsprechend gibt es Podcast-Intromusik. Ich mache mir Hoffnung auf die meditative Stimmung im Belauschen von musikalisch untermalten gesprochenen Worten, die seinerzeit Tim Pritloves Podcast-Podcast-Vortrag auf dem 22c3 schuf, aber nach der Intromusik verstummt’s dann leider doch wieder.

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Udo Vetter erinnert nochmal dran, so eine Abmahnung muss ja nicht unbedingt vor Gericht Bestand haben, aber einfach unbeachtet in die Ecke geworfen sollte sie auch nicht gleich werden, man sollte schon juristischen Beistand suchen, zumal es ja genug Anwälte im Land gibt, die auch irgendwie ihr Geld verdienen wollen.

Matthias Spielkamp von iRights.info stellt sich als “Nichtjurist” vor und ermahnt, so ein öffentliches Blog sei eben auch eine öffentliche Publikation und setze sich somit gleich ganz anderen rechtlichen Maßstäben und Angreifbarkeiten aus als der rein private Meinungsverkehr; Dierking markiert den Schritt “plötzlich ist man Journalist”, nur halt Journalist ohne eigene Rechtsabteilung im Rücken, wie sie die großen Medienhäuser haben, aber dieses tolle Gefühl, plötzlich diese “Medienmacht, damit spielt man ja auch als Blogger”. Der Begriff “Abmahnwalzen” gegen Blogger fällt, Vetter jedoch: auch Verlage mit Rechtsabteilungen sind nicht davor geschützt, bei Verstößen “bluten zu müssen”, und Spielkamp mag nicht ausschließen, dass so mancher eingemahnte, eingeklagte Anspruch durchaus legitim sei.

Dierking kündigt an, jetzt sei “Knut-Time”, man habe einen “Erklärbär”, und als eben dieser flitzt Manfred Witzke ans Rednerpult und — jippie, mit Hintergrundmusik — erläutert juristisch Meinungsäußerung und Tatsachenbehauptung und den Unterschied dazwischen. Vetter gibt dem Auftritt vom “Knut-Ersatz” (Vetter) das Fazit: “Sagt lieber eure Meinung und schreibt weniger Tatsachen”, also was die Auszeichnung der eigenen Äußerung im Blog betreffe. Gesteht aber auch ein, dass das manchmal schwierig zu differenzieren sei; der Fall vom Blogger, der “Promi-Hure” schrieb, was vom gegnerischen Anwalt als Tatsachenbehauptung der Prostitution bei Prominenten gewertet wurde, obwohl der Blogger eigentlich mehr “Promi-Luder” meinte (ok…).

Vetter zitiert Siegfried Lenz zu dessen 70. Geburtstag “Einen Satz schreiben ist gefährlich” und wirbelt Stromberg-Sätze auf, beschreibt das Surf-Verhalten von Abmahnanwaltskunden als netzneulingisches Porno-Seiten-Absurfen und dann mal bei Google den eigenen Namen eingeben und erschrocken was Böses über sich entdecken … Mir fällt auf, wie genüsslich (vielleicht hat ihm sein schrankenlos umjubelter Auftritt auf dem 23c3 so gut gefallen?) sich Vetter, der doch eigentlich auf den ersten Blick so langweilig ausschaut, sich inzwischen in ganz trockener und nüchterner Weise als Anekdoten- und Pointen-hämmernder Saal-Entertainer hervorzutun weiß. Der kann das richtig gut. Und das Publikum liebt ihn. Alle lieben Udo. Mir kommt beinahe der Begriff “Rampensau” über die Lippen Tasten, aber ich weiß nicht, ob der justiziabel ist (obwohl, laut Wikipedia verwendet man ihn ja auch positiv). Jedenfalls hat er kein Problem, im Unterhaltungswert mit den aktuellen Inhalten der SMS-Leinwand zu konkurrieren (auch wenn auf dieser mal gemeint wird, man hätte auch Gravenreuth aufs Podium setzen sollen):

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Dierking findet, wenn man natürlich Beweise habe und öffentliches Interesse bestehe usw. dann solle man sich nicht gleich eingeschüchtert als Meinungs- statt Tatsachenäußerer in die Ecke stellen, Vetter dagegen findet’s schon recht gefährlich, erfahrungsgemäß fänden bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung über den Wahrheitsstatus einer Aussage sich mindestens leichtestens “willfährige Angestellte” des kritisierten Unternehmens als Gegenzeugen.

Dierking regt eine “Soft-Regelung” an, um mal zwischen Unternehmen mit Rechtsabteilungen und dem kleinen Blogger, der gerade erst in die Öffentlichkeit rausgetreten sei, zu differenzieren; Spielkamp verweist auf Gesetzesvorhaben die auf verschiedene Bewertung bei nicht geschäftsmäßiger Publikation verweist; auch Vetter würde gerne erkennbar privatorientiertere Blogs ohne größere Werbeschaltung etwas schadfreier halten; ein Unternehmen schließlich muss keine Kosten scheuen, um durch alle Instanzen zu gehen, ein kleiner Blogger für sich dagegen … Der kleine Blogger habe halt Angst vor solchen Prozessen und müsse sehr knappe Kostenrisikenabwägung betreiben, meist für ihn wirtschaftlich nicht stemmbar; aber, Spielkamp erinnert daran, er habe zumindest in solchen Dingen die für ihn als Nichtjurist spannende Erfahrung gemacht, “dass man tatsächlich feilschen kann” in solchen Dingen.

… Vetter kennt Seiten, die ihren Lebensunterhalt primär durch Abmahnungen verdienen?

Der Erklärbär tritt nochmal auf und redet von der Impressumspflicht, von Angaben der Umsatzsteueridentifikationsnummer und eines Vertretungsberechtigten … Letzteres als Blogger nicht so problematisch, man müsse halt identifizierbar sein. Laut Vetters Erfahrung ist die Impressumspflicht noch nicht abmahnfähig? Jedenfalls relativiert er sie etwas. Er selbst weigere sich sowohl, eine Umsatzsteueridentifikationsnummer in sein Blog zu packen, habe ja schließlich nichmal Werbung da druff, als auch neuen Krimskrams mit der Datenschutzerklärung, sei schließlich transparent, was mit den Daten seiner Kommentarnutzer passiere. Gibt sich da auch gern als referenzierbarer Präzedenzfall und würde das notfalls auch gerne mal durchfechten. (Gewaltiger Applaus.)

Zu Kommentaren: Prinzipiell haftet man nur für Selbstgeschriebenes, bei Beschwerden als auch bei offensichtlich Rechtswidrigem (Behauptung, Politiker soundso sei ein Kinderschänder o.ä.) solle man aber reagieren. Bei Nicht-Offensichtlichkeit (bspw. kann man ja nicht immer wissen, dass da gerade jemand Geschäftsgeheimnisse ausplaudert) schützt das deutsche Recht aber irgendwie den Laien. Es gibt eine gewisse “Haftungsprivilegierung” bis man offensichtlich weiß, dass da was Problematisches steht; daher am Besten “Kommentare lesen, aber nicht zu früh zugeben, dass man sie gelesen hat”, etwa indem man drauf antwortet oder, damit schaufelt man sich erst recht sein eigenes Grab, indem man laut eine Kommentare-erst-freischalten-Policy fährt und publiziert, damit macht man sich die Kommentare in ihrer Haftbarkeit natürlich zueigen. Handfeste Rechtsverletzungen sind: unbeweisbare Tatsachbenbehauptung, Schmähkritik, Formalbeleidigung.

Dierking meint, in Zweifelsfällen könnte man versuchen, das Ganze distanzierend auszukommentieren, als Allheilmittel mag das aber niemand abzunicken. Vor allem auch erinnert Vetter an die breiten Internetunkenntnisse von Gerichten, Staatsanwälten usw., die oftmals schon von der Unterscheidung zwischen Kommentar und eigenem Eintrag überfordert seien; zuweilen gigantischer Erklärungsaufwand notwendig und seitens des Richters ein Einlassen in technische Expertise oder eine Bewertung über einen Status als Tatsachenbehauptung oder legale Meinungsäußerung oder Beleidigung gern von Gemüt und Tagesstimmung abhängig. Entscheidungen in den Bereichen Internet und Meinungsfreiheit daher oft unwägbar, deshalb lasse sich totale juristische Sicherheit nicht so leicht geben.

Auf der SMS-Leinwand werden inzwischen spontane Strips und noch mehr Udo gefordert, später dann:

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Vetter hält ein feuriges Plädoyer für die Freiheit des Links auch zu problematischen, kontroversen, querulatorischen, obszönen Seiten, alles Andere mache das Internet kaputt; und in den Slysoft/Allofmp3-Linkverbotsurteilen sieht er spezielle Einschränkungen, die als Einschränkung gerade das allgemeine Vorhandensein einer Link-/Werbefreiheit, bestätigen würden.

Interessante Publikumsfragenkomplex: Da sei ja blogspezifisch durchaus rege das Zitatrecht für Texte nutzbar, aber wie sehe es mit einem Zitatrecht am Bild aus? Vetter: Rechtssprechung kennt ein Bildzitatsrecht im Zusammenhang mit berechtigtem Interesse an Berichterichterstattung, das Bild als notwendig für die über das Bild hinausgehende Text-Berichterstattung, aber, so Spielkamp, das seien genau die Sorte Fragen, für die man sich am Besten eben einen Hausjuristen halte. Und wie steht es mit Aufnahmen von Architektur o.ä.? Es gibt eine “Panoramafreiheit”: Was man so von der Straße aus photographieren kann, darf man auch photographieren. Wie sieht es mit Photographien von Kunstwerken aus? Ein Photo von einem Kunstwerk ist für sich urheberrechtlich über den Autoren gesichert, aber das Kunstwerk selbst bleibt trotzdem auch für sich urheberrechtlich gesichert (d.h. man könnte zwar die Benutzung des eigenen Photos abmahnen, ebenso könnte aber der Autor des photographierten Kunstwerkes auch einen selbst bei Publikation ohne seine Einwilligung abmahnen). Eben deshalb verbieten Museen so gern das Photographieren in ihren Räumen, die teils alten Kunstwerke mögen ja inzwischen urheberrechtsfrei sein, aber das Monopol auf ihrer Verwertung sichern sie sich über das Monopol an den Photographien der Kunstwerke, quasi Urheberrecht auf dem Umweg über das Hausrecht. Ach ja, und was Mash-Ups, das Schaffen neuer Kunstwerke usw. betreffe, da muss das alte Werk im neugeschaffenen Werk in seinem Eigenwert “verblassen”.

Ein Fragesteller kommt mit “Ich arbeite für ein Forum, das mehrmals die Woche abgemahnt wird” und erhält dafür gigantischen Applaus. Vetter: “Ich hab meine Visitenkarte gleich dabei.”

Holm Friebe, der sich ein paar Stühle weiter in meiner Reihe gesetzt hat, möchte dringendst eine Frage stellen und kämpft vergeblich ums Miikrophon. Was hätte er wohl gefragt?

Don Dahlmann fragt nach Verjährungsfristen für Beleidigungen, Vetter spricht was von drei Jahren, die aber erst ab Kenntniserlangung des Geschädigten gezählt würden …

Und zum Abschluss, yay, gibt’s wieder einen Schlussjingle. Ist doch schön, dass der Spaßfaktor in dieser Veranstaltung nicht vernachlässigt wurde.

Disclaimer: Das Obige ist lauter Rechtskram. Ich hab keine Ahnung von sowas und gebe es nur brüchig-erinnerungsverzerrt so wieder, wie ich es aus den Ausführungen verstanden zu haben glaube. (Wobei ich mich gerne korrigieren lasse.) Kein Anspruch auf juristische Korrektheit oder korrekt treffende Zitate, da sollte man sich also auf nix verlassen. Im Zweifelsfall einfach die gewiss noch kommende Podcast-Version von Laura Dierking bei jcast anhören.

Saturday April 14, 2007

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(hier war mal AdSense-Werbung, heute aber nicht mehr)

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