Futuristische und utopische Notizen von Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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21.45 Uhr: Kollaboratives Wissensmanagement im Bildungsbereich und die Zitierfähigkeit von Wiki-Wissen
Martin Haase und Rüdiger Weis haben sich einen Haufen interessanter Gedanken zum kontroversen Themenkomplex der Nutzung von Wikipedia im akademischen Bereich gemacht, mit der akademischen Zitierfähigkeit von Wikipedia als Aufhänger (aber nicht alleiniger Frage).
Haase verweist erst einmal auf die akademische Akzeptanz bzw. Nicht-Akzeptanz von Zitaten aus Papier-Lexika. Das Zitieren in wissenschaftlichen Arbeiten aus Konversationslexika, die ohne spezifische Autorenverantwortung nur die Arbeit einer Nicht-Fach-Redaktion wiedergäben, sei akademisch schon stets verpöhnt gewesen, im Gegensatz zum Zitat aus Fachlexika; denn dort: Fachredaktion, individuelle Autorenverantwortung, peer review. Dann versucht Haase, die Wikipedia in ihren Eigenschaften zwischen diesen beiden Polen zu verorten und stellt eine Vielfalt von Evaluationsmethoden für Wikipedia-Artikel vor, die durchaus in ihren Ansprüchen sich mit denen von Fachlexika messen könnten.
Von spezifischem wissenschaftlichen Interesse hält er Wikipedia-Inhalte in ihrer Rolle als konsensuelles Wissen / Wissenskonsens; gut Futter natürlich für soziologische, geistes- und kulturwissenschaftliche / -historische usw. Untersuchungen; quasi eine Rolle als Träger von Untersuchungsgegenständen. (Rüdiger Weis wird hinzufügen: Zur Erforschung des Zeitgeistes sei (vermittels des Internet) ein kleines python-Script (losgelassen auf Datenbestände des Internet) inzwischen effektiver als tausend Fragebögen.)
Weis sieht in der Wikipedia bereits eine eigene “Wissenschaftswelt” entstehen, quasi ein eigener Bereich wissenschaftlicher Arbeit und Diskurse; und was sich hier inhaltlich gerade zu kontroversen Themen ergebe, sei oft in seiner Ausgeglichenheit hochwertiger als entsprechendes Material in spezifisch bestimmte Schulen vertretenden Fachbüchern.
Gerade in Anbetracht dieser (potentiellen?) akademischen Relevanz müssten Fragen wie die der bibliographisch korrekten Zitation angegangen werden; mit dem bisherigen Zitatstandard der mit Abrufzeitpunkt ergänzten Angabe der Wikipedia-URL ist er äußerst unzufrieden, sieht ihre Nichtnerd-inkompatible kryptische Form als kontraproduktiv an. Er schlägt eine neue Zitationsweise vor, die einfach Sprachversion, Artikeltitel und Versions-ID ohne direkte URL-Niederschrift angebe, eine “URN” statt einer “URL”.
Desweiteren verweist er auf die Wichtigkeit der Reputation im akademischen Bereich; hier müsse die Wikipedia die Autorennennung / -position stärken, um sich für akademische Experten attraktiver zu machen; was freilich evtl. tiefgreifende Veränderungen in Struktur und policies der Wikipedia erfordere.
Ein kleiner Anti-Wikipedia-Zitier-Aufstand anwesender Professoren entsteht beim Q & A danach; der Student solle lernen, in Bibliotheken zu gehen und mit Büchern als den relevanten Wissensquellen zu hantieren; Weis weist eine derartige Trennung ab, Internet & Wikipedia mausere sich inzwischen wie die Bücher in der Bibliothek zu einer eigenen zitierfähigen Wissenskraft.
Anderer, positivistischer Einwand: konkretes Fachwissen etwa in der Physik könne nicht aus einer Wikipedia stammen; tatsächlich sind die beiden Redner dann auch bereit, noch einmal zwischen den Anwendbarkeiten des Wiki-Wissens-Prinzips für Natur- und für Geistes- & Gesellschaftswissenschaften zu unterscheiden. Wobei interessanterweise letztere mit größerer Panik darauf reagierten, evtl. wegen seiner Fähigkeit als konkurrierender Wissensproduktionsquelle in diesem Bereich?
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