Futuristische und utopische Notizen von Christian Heller a.k.a. plomlompom.
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1:06: monochrom – “AREBIT – Was uns im Innersten zusammenhält”
Johannes Grenzfurthner betreibt rege Publikumsbeschreiung und findet, “Katzen würden Adorno lesen”.
Es geht heute um Lieder. Eine Liedersingveranstaltung. Das Einheitsfrontlied wird angestimmt, von Grenzfurthner Assistenten Frank Apunkt Schneider. Das Horst-Wessel-Lied wird angestimmt. Bzw. Grenzfurthner fragt ins Publikum, wer das Horst-Wessel-Lied anstimmen könne, und feige meldet sich keiner. Er rezitiert darauf die Arbeiter-Version des Horst-Wessel-Liedes:
Die Preise hoch,
die Schnauze fest geschlossen.
Hunger marschiert
in ruhigem, festem Schritt.
Hitler und Göbbels,
unsre beiden Volksgenossen,
hungern im Geist
mit uns Proleten mit.
Im Arbeitsamt
wird SOS geblasen,
zum Stempeln stehn
wir Mann für Mann bereit.
Statt Brot und Arbeit gibt
der Führer uns bloß Phrasen,
und wer das sagt
lebt nur noch kurze Zeit!
Die Straße stinkt
nach braunen Bataillonen.
Ein Pöstchen winkt
dem Sturmabteilungsmann.
Vielleicht verdient als Bonze
morgen er Millionen.
Doch das geht uns
‘nen braunen Scheißdreck an.
Applaus. Applaus, den Grenzfurthner auf die Leute umwidmen möchte, die dafür starben, dieses Lied gesungen zu haben.
“Meine lieben Damen und Herren Digitale Bohème”, jetzt wendet er sich dem scheinbaren Hauptinhalt der Veranstaltung zu, Firmenhymnen. Die Firmenhymne von IBM. Wir singen sie. Naja, Grenzfurthner singt sie und kriegt den irritierten Saal leider nicht zum Mitsingen. Schade. Ich erinnere mich an seine Veranstaltung auf dem 23c3, da hat er das Publikum auch nicht so recht zum Mitsingen bekommen.
Aber IBM. “Ihr Deutschen habt ja nix als schuld, ich sag’s nochmal.” (Weil, IBM, du weißt schon, Hollerith, Holocaust, jaja.) Weitere Firmen-Hymnen. Philips. “Philips was my first love.” Grenzfurthner tanzt wild in voller Erschließung der Breite der Bühne, gestikuliert wild zum Publikum, das weiter sich weigert, mitzusingen.
Als beim Lied des Wirtschaftsprüfungsunternehmens KPMG wieder keiner mitmacht, hat Grenzfurthner langsam genug von der Nicht-Partizipation und springt wild mit dem Mikrophon durch die nicht unerhebliche Publikumsbühne, überwindet mehrfach mit einer bewundernswerten Agilität mehrere Kopfreihen in einem Hüpfer. Wieder niemand. Er kapituliert. “Scheiße!”
Das stimmt mich traurig. Eine Karaoke-Veranstaltung, bei der niemand mitsingt. (Ich ja auch nicht. Ha!) Vielleicht würde es besser in einem kleineren Raum funktionieren, wo nicht teilweise ganze leere Sitzreihen zwischen den Besuchern liegen, wo man enger beieinander, Intimität und Kollektiv und so, ich weiß nicht. Aber Grenzfurthner tänzelt weiter tapfer hin und her. Mir wird es zu ungemütlich und ich gehe zum taz-Kulturressort im Raum Bremen.
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he he…
die leute singen ja nie mit. ich bau das immer in die show ein, dass ich mich kuenstlich darueber aufrege. diesmal ists wohl sehr realistisch ruebergekommen. ;-)
@johannes:
Oh, gut! Dann bin ich ja beruhigt. :-)
(Singen die Leute wirklich nie mit?)
selten, sehr selten. manchmal, wenn sie irgendjemand traut den ersten traellerer zu machen. der rest ist massen(bzw. kleingruppen)psychologie.
auf der 9to5 wars dann aber gegen ende so, dass das publikum ziemlich aufgewacht ist, feuerzeuge geschwenkt hat und beim finale mitgegroehlt hat. enthemmtes berlin.