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re:publica'09 #17: Hardware Hacking vs. Märchenkunde

Tag 3, ca. 14.00 Uhr

Eigentlich sollte zwischen dem Friedrichstadtpalast-Programm und dem Kalkscheune-Programm eine einstündige Pause sein, aber durch das letztlich einstündige Überziehen im ersteren ist die auf Null zusammengeschrumpft. Also gleich rüber zur Kalkscheune, wo ich mir eiliger als geplant plötzlich Gedanken darüber machen muss, was ich mir als Nächstes anschaue. Stelle fest, dass ganz viel gleichzeitig läuft, das ich sehen möchte. Beschließe, mich aufzuteilen.

Schaue zuerst hoch in den Kleinen Saal, wo @fbz was über Open Hardware Hacking erzählt. Hochgefühl, werde von ihr als Bausteln-Repräsentant geehrt. Dann muss ich auch schon das erste Mal weg, dringendes Telephongespräch und Hungerdruck, der mich zum Bulettenstand im Innenhof zwingt. Als ich zurückkomme, beginnt auch schon der zweite Teil des Open-Hardware-Hackings, diesmal präsentiert von Frank Rieger, der einen Überblick über die Künste und Nöte des 3D-Druckens ankündigt, was vielversprechend aussieht. Aber dann ist es auch schon halb und ich muss erneut weg, denn ich habe mir für halb angestrichen:

... einen Kurz-Vortrag im Blauen Saal, der die Kulturgeschichte der aus der Folklore bottom-up autorenlos emergierenden mitteleuropäischen Märchen mit "User generated content" zu vergleichen verspricht. Die Referentin würde gern pünktlich anfangen, aber leider springt der Beamer nicht an, und irgendwie ist niemand da, um sich drum zu kümmern. Nach mehreren Minuten hinein in die ihr gegebene halbe Stunde kommt jemand vorbei, schnippt kurz am Beamer rum, ohne was auszurichten, um dann wortlos wieder zu verschwinden, Referentin ratlos zurückgelassen. Nach weiterem Warten und Fragen kommen dann irgendwann einige Minuten vor Vortragszeitende doch noch Menschen mit einer Leiter, montieren den Beamer ab und ersetzen ihn; Vortrag startet, super, aber irgendwo bei der Viehmännin der Gebrüder Grimm muss ich dann auch schon wie viele Andere pünktlich um 15.00 Uhr weg, weil noch Anderes auf dem Terminkalender steht ...

NACHTRAG: Sabria David hat die Slides für ihren Märchen-Vortrag jetzt online gestellt, und sie sind wirklich sehr lesenswert, ergänzen nämlich prima, was ich über Internet-Meme erzählt habe.

  Saturday April 11, 2009

re:publica'09 #16: verspäteter Doctorow

Tag 3, ca. 11.35 Uhr

Will rechtzeitig zum Cory-Doctorow-Vortrag da sein, der 12.00 Uhr beginnen soll. Tatsächlich finde ich Doctorow mit @johannes_mono im Foyer vor und habe die große Ehre, ihm mal kurz die Hand zu schütteln. Gut, für dessen Auftritt bin ich offenkundig nicht zu spät gekommen. Betreibe einige Micro-Socializings und schaue dann, als es gegen Zwölf geht, in den Großen Saal rein. Dort sind allerdings andere Personen zu sehen als Wikipedia-Gott Jimbo Wales, der für 11.30-12.00 Uhr angekündigt war und den ich mir kneifen wollte, weil ich damit rechnete, von ihm wenig Neues zu erfahren, hatte ich ihn doch schon mal auf dem Chaos Communication Congress reden hören. Schließe daraus, dass der Zeitüberzug so weit liegt, dass Wales noch nicht mal angefangen hat, und rechne mir aus, noch mindestens eine weitere halbe Stunde zum Rumstreunen zu haben, juchhu!

Da Jimbo Wales (immer, wenn ich ihn sehe, muss ich an die vielen Valleywag-Boulevard-Stories über ihn denken) aber ebenfalls ordentlich überzieht, beginnt Doctorow erst um 13.00 Uhr. Hmmpf. Zwischenzeit verbracht im Belauschen von @johannes_mono und @timpritlove. Mit denen geht's dann auch in den Saal. Ich bin ja ein bisschen skeptisch, ich habe Doctorow schonmal ein klein bisschen damals auf der ersten Berliner Web 2.0 Expo Europe reden gehört und den Auftritt als nicht so spannend in Erinnerung.

Aber Doctorow bläst mich diesmal ordentlich weg. Er steht allein und ohne Präsentationsfolien an einem Pult im Zentrum der großen Bühne gegenüber einem dichtgepackten Riesensaal und offenbart sich in dieser Herausforderung sofort als Super-Rhetoriker. Er nimmt sich einige dem Saal wohlvertraute Fragen -- Internet vs. Copyright, digitale Erschütterungen der Kulturindustrie, das 'wie kann der Künstler im Internetkommunismus noch seinen Lebensunterhalt verdienen?' -- und schüttelt sie ordentlich mit der Etwas-zuende-denken-Konsequenz des Science-Fiction-Autors durch.

Kaum jemand wird hier widersprechen, wenn die Gängelungen der Internetfreiheiten durch die Rechteverwertungsindustrie angeklagt werden. Aber Doctorow tut es besonders durchdacht, machtvoll und rekombinierbar. Er betont die lächerliche Asymmetrie im "Three Strikes and you're out"-Konzept, das mit einem Internetverbot für Urheberrechtssünder die faktische intellektuelle, kulturelle, soziale Todesstrafe für einen beträchtlichen Teil der Gesellschaft fordert, um überholte Geschäftsmodelle einiger vergänglicher Unternehmen zu beschützen. Er illustriert die Absurdität der Drastik mit der Gegenforderung, einem Unternehmen wie Bertelsmann und all seinen Mitarbeitern möge man doch bitte ebenso nachhaltig und vollständig den Internetzugang sperren, wenn es sich im Falle von Urheberrechtsabmahnereien juristisch verhebe.

Er betont die absolute, nicht mehr gegen Flüchtigkeiten wie Hollywood oder das Musik-Business aufrechenbare Bedeutung des Netzes als fundamentaler Freiheits- und Kreativitäts- und Sozialinfrastruktur der Menschheit. Wenn das Internet für bestimmte Formen des Wirtschaftens, aber auch für bestimmte kulturelle Ausdrucksformen das Grabtuch sei, dann sei das ein Preis, den man ohne Zwinkern zu zahlen bereit sein müsse. Wenn die Filmindustrie uns eine Pistole an den Kopf halte und uns zur Entscheidung zwinge, ihr Modell des behäbigen 300.000.000-Dollar-Films oder unser flinkes Internet, dann werde die Entscheidung glasklar zugunsten des Netzes fallen.

(Er macht auch einen kleinen scherzhaften Ausflug zur Singularität: Er zählt die Kontrollmechanismen auf, die sich die Rechteverwertungsindustrie wünsche, und die im Kampf auf eine in ihrem ganzen Wesen perfekte Kopier- und Speicher- und Verbreitungsmaschine nur immer wieder neu scheitern könnten, letztlich gipfelten in einem System, das den gesamten Internet-Verkehr kontrollierend abhorcht und ständig auf Urheberrechtsverletzungen überprüfe, das automatisiert geschützte Inhalte und ihre Ableitungen erkenne und bestimmen könne, wer die Austauschpartner und inwieweit sie autorisiert seien usw. So ein System müsste nichts Geringeres können, als den gesamten, sich in seinem Wachstum beschleunigenden Korpus menschlicher Kultur intelligent verinnerlichen und sortieren und stets mit den Internet-Strömen abgleichen und diese darüber regulieren. Er meint: Wenn wir einmal ein so intelligentes und allwissendes Computersystem haben, dann sind Urheberrechtsfragen wahrscheinlich noch unsere geringste Sorge.)

Er bekennt sich voll und ganz zur steten Disruptivität des Netzes. Bei ihm erfordert das Netz nicht einfach nur ein einmaliges Umstellen vorhandener Geschäftsmodelle: viel mehr eine ständige Flexibilität, ein Akzeptieren, dass es keine langfristigen Patentrezepte mehr gibt, dass das Netz alles immer wieder neu umwirft. Wer heute jammert und klagt und trampelt, um den Status Quo gegen neue Spielregeln zu verteidigen, schaufelt sich nur sein Grab, weil er die Zeit besser dafür verwenden sollte, das Neue immer wieder neu zu verstehen und sich unter seinen Bedingungen immer wieder neu zu erfinden. Sicher, heute verdiene er sein Geld mit gedruckten Büchern, aber sich darauf zu verlassen, hält er für leichtsinnig. Mancher heutige kreative Beruf müsse sich wohl auch einfach damit abfinden, in traditioneller Form bald nicht mehr groß Kohle scheffeln zu können. Für manche Branche geht die Party einfach vorbei. Dafür ist das Netz besser darin, uns gegenseitig in unseren Angeboten und Bedürfnissen zu vermitteln. Aber auch hier gilt: Reichweite ist unter den Bedingungen des Netzes nicht gleich Geld. (Aber wer braucht dann überhaupt noch das alte Schmiermittel Geld?)

Eine Publikumsfrage eröffnet einen als spezifisch deutsch gezeichneten Diskurs, ob es ethisch sei, mit kreativem Schaffen überhaupt Geld zu verdienen. Doctorow vervollständigt zur Antwort das Arsenal evolutionärer/genetischer Metaphern, das er den ganzen Vortrag über pflegte: Relevant sei nicht, ob eine bestimmte Form von Kreativität kommerziell sei oder nicht, sondern welche Form mehr Kreativität schaffe. Wichtig ist, wieviel Kreativität am Ende rauskommt. Ob dabei nun mehr oder weniger Kommerzialität involviert gewesen sei, egal. Lasst uns die Funktion Kreativität maximieren -- egal wie!

Ich applaudiere 'frenetisch'.

Kommentare [1]   Saturday April 11, 2009

re:publica'09 #15: Abendgestaltung

Tag 2, abends

Im dank Twitter-Lesung ziemlich leeren Kalkscheune-Foyer versucht man mir einzureden, dass die physische Welt auch einige spannende Features hätte, die gegenüber der digitalen lohnenswert wären. Ich ertränke meine Zweifel daran in Alkohol. Zwischendurch nochmal ein kurzer Blick nach oben in die Twitterlesung, aber Saal zu voll. Dann noch rege Diskussionen über die Konferenz-Organisation: Ich vertrete die Meinung, dass sichere Einreichungs-Deadlines wichtiger seien als wie professionell das Personal am Ticket-Counter wirke. Entschließen uns noch zu einem kleinen Ausflug in die Nachbarschaft.

Dort stibitze ich mir bei einem Restaurantbesuch noch etwas Hühnerfleisch vom Teller von @johannes_mono und erfahre von @johl von einer überdimensionalen Sprungfeder-Maschine, die tatsächlich als Kunstprojekt gebaut worden sein soll, aber nie eingeschaltet werden dürfe, weil sie dann unkontrolliert mit großem tonnenschwerem Gewicht / vernichtender Kraft durch ihr näheres Umfeld hüpfe, idealerweise ein vollbelegter Autoplatz, um alles platzumachen, was ihr unter die Beine komme. Man müsste Milliardär sein, dann könnte man das Gerät seinem Zweck zuführen.

Besonders toll: Besichtigen noch die Unterkunft, in die @johannes_mono, der moot von 4chan und der Anthony von der HypeMachine einquartiert sind: Ein Schachboxen(!)-Themen-Apartment, mit Schachbrett und Boxsack, Bildergalerien wichtiger Boxer und Schachspieler und einem Tisch, auf dem unter einem prollig blitzenden Boxermagazin ein Marcel-Duchamp-Sammelband liegt. Irgendwann kommt dann auch noch moot vorbei.

Kommentare [1]   Thursday April 9, 2009

re:publica'09 #14: Vitaloase Bad Kratschmach

Tag 2, ca. 20.15 Uhr

Und jetzt entlohne ich mich mit dem sicheren ZerstreuungsZersteubungs-Höhepunkt des Tages, @johannes_monos monochrom-Performance "Vitaloase Bad Kratschmach 2.0". Johannes referiert einen gagaistischen Travelog in die österreichische Provinz anhand von Internetbildfundstücken, Handzeichnungen und, wie sollte es anders sein, Gesangseinlagen. Das Material wirkt so zusammengewürfelt, als werde die Handlung um eine Zufallsauswahl des Tagesausstoßes eines 4chan-verwandten Imageboards herum improvisiert. Doch sie trägt sich durchaus selbst. Die re:publica-Korpus-neigenden Web-2.0-Bezüge wirken eher wie Randerscheinungen, aber das macht nichts; so findet sich das Publikum noch mehr mit Zeugs konfrontiert, das es nicht erwartet.

Leider steigt der Hintergrundgeräuschpegel zumindest von meiner Sitzposition aus bald in einer Weise an, die es schwer macht, noch zuzuhören: Der Twitterlesungs-Crowd drängt rein und unterhält sich lieber lautstark mit sich selbst, als am Da-Vorne zu partizipieren oder es zuzulassen. Das verleidet mir etwas das Interesse, das nachfolgende Twitterlesungs-Ereignis zu bestaunen, an dem ich @mspro, @PickiHH usw. den ganzen Tag habe fleißig werkeln sehen; tausend Leute über wahrscheinlich primär ihre eigenen Tweets lachen zu hören, klingt mir als Aussicht so irgendwie unheimlich, und ich dränge raus, als monochrom vorbei ist.

  Thursday April 9, 2009

re:publica'09 #13: eigener Vortrag

Tag 2, ca. 19.00 Uhr

Finde es toll, wer alles gekommen ist. Schaffe es, in der halben Stunde zu bleiben, die ich habe. Verhaspele mich ein zwei Mal folientechnisch, aber ohne große Konsequenzen. Bekomme gute Fragen. Und anschließend eine Menge tolles Feedback. Danke an alle, die da waren! Vortragstext-/Folien, Sammlung von schon online liegenden oder noch online kommenden Aufzeichnungen usw. in meinem kulturtheoretischen Nachbarblog. Kommentare und Kritik zum Vortrag hier wie dort gerne gesehen!

  Tuesday April 7, 2009

re:publica'09 #12: das Nicht-Anschauen von Veranstaltungen

Tag 2, ca. 15.30 Uhr oder später: Internetjugend-Panel, Feminismus usw.

Akustik ist zu schlecht. Thema würde mich interessieren, aber irgendwie hebt's nicht so recht ab. Verziehe mich nach zehn Minuten oder so. Finde beim Flüchten das Treppenhaus vorm Großen Saal überfüllt mit Wartenden vor und frage, worum's geht. Ah, Feminismus-Talk im Workshop-Raum gegenüber. Sowas klingt interessant. Aber sieht so aus als würde es a) zu voll, um überhaupt reinzukommen, und b) ist das dann vom Thema her bestimmt wieder sowas wie letztes Jahr wo Mitschnitts verboten sind und keine Mit-Penis-Geborenen reindürfen; also ziehe ich lieber wieder weiter.

Ansonsten interessiert mich von den Tracks gerade auch nicht viel. "Die Rolle des Staates in der digitalen Gesellschaft" 16.30 Uhr könnte interessant sein, zumindest füllt die aus dem Treppenhaus quillende Warte-Schlange dafür den Großteil des Innenhofs aus, aber eben dieser Umstand wiederum legt mir die Annahme nahe, dass es da auch zu voll werden dürfte, um reinzukommen. Also nutze ich die Zeit zum Weiter-Socializen mit ganz vielen Leuten, die ich viel zu selten zu sehen kriege, zum Erledigen terminlich wichtiger Telefonate und zum mehrfachen Nochmal-Durchgehen meines eigenen Vortrags. Auch werbe ich Besucher für meinen Vortrag, der ja nach wie vor nicht im gedruckten Programmplan aufgeführt wird. Interessanterweise sagt mir niemand explizit zugunsten von Larry Lessig ab, dafür aber viele zugunsten irgendeines parallel beginnenden Girl Geek Dinners, das wohl intelligenterweise zeitlich mitten ins reguläre Vortragsprogramm organisiert wurde, nuja. Außerdem wird mit Chef-Baustler Philip Steffan eine Privat-Videoaufzeichnung meines Vortrags organisiert, denn die re:publica besorgt selbständig Video-Aufzeichnungen/-Streams ja nur aus den Promi-Slots.

Irgendwann wird das Foyer laut von Lawrence Lessigs Rede beschallt, was mir die Konzentration beim innerlichen Durchsprechen meines Vortrags raubt und mich wieder in den Innenhof treibt. Ein bisschen bedauere ich noch, es aufgrund von Zeitknappheit nicht in den durch die letzten Wochen besonders wichtig gewordenen Alvar-Freude-Slot zur "Netzzensur" reinzuschaffen.

Kommentare [1]   Tuesday April 7, 2009

re:publica'09 #11: Identität und Nicht-Identität

Tag 2, ca. 14.45 Uhr

Tina Günther pfeift undisziplinierten Saal zusammen, um auf ihren Identität-im-Netz-Vortrag zu verweisen, der mit Folien (die ich aufgrund meines Sitzorts direkt hinterm Pfeiler eh nicht richtig lesen kann) beginnt, die zahlenmäßig pro Blatt mehr Wörter enthalten, als ich in meinem aktiven Wortschatz habe. Da steige ich schonmal aus, obwohl die Fetzen, die an mein Ohr dringen, zumindest Referenzsystem-gewichtig klingen, Freud, George Herbert Mead, "I" und "me" usw. usf. Es dauert nicht lange, bis der erneut gefüllte Saal wieder beginnt, erste Personengruppen ans Draußen zu verlieren. Alles, was ich mitbekomme, deutet darauf hin, dass der Vortrag spannende Fragen anbandelt, aber ach, die Ablenkungen! (Plötzlich, endlich, zum ersten Mal auf dieser Konferenz, habe ich Internet! Da muss Einiges erledigt/nachgeholt werden!) Um dran zu bleiben, müsste ich die Folien lesen.

Zu mir durchdinrgt immerhin: Wie baue ich mir eine Online-Identität/Online-Biografie? Ich würde das ja formulieren: Wie mache ich den Upload? (Ich werde mir die Slides wohl nochmal in Vorbereitung zu dem Vortrag, den ich bei der SIGINT09 eingereicht habe, anschauen müssen.) Scheint ein inhaltlich guter Theorie-Grundlagen-Vortrag zu sein. Aber so wird das für mich nix. Beschließe, erstmal nochmal runterzugehen.

Dort vollziehe ich ein paar Micro-Socializings, schließe mich kurz einer zu Füßen Peter Glasers knieenden Huldigungsgruppe an, begebe mich auf die Suche nach dem 'Kleinen Saal', wo ich später referieren soll und stelle fest, dass der gar nicht so 'klein' wie befürchtet aussieht. Dann geht's hoch zum Internetjugend-Panel ....

  Tuesday April 7, 2009

re:publica'09 #10: Vorgedümpel und Internetethik

Notiz: Ab hier ist die re:publica extrem nachträglich verbloggt. Die ersten nächsten Einträge sind noch aus vor Ort getätigten Notizen zusammengesetzt, der Rest immer mehr Erinnerung.

Tag 2, 14.00-14.15 Uhr

Komme panisch angerannt, auf die Minute 14.00 Uhr. Habe den ganzen Tag noch nichts gegessen und plane, die nächsten Stunden im Großen Saal sitzen zu bleiben, muss also noch schnell zu einem Wiener-Würsten-Brötchen-Kauf eilen, während dem ich bereits einige Male von Leuten aufgehalten werde, mit denen ich mich bei der Gelegenheit gerne ausführlicher unterhalten würde (entschuldige mich hierfür nochmal ernstlich bei allen, die ich abgewimmelt habe), aber die Zeit, sie drängt, denn 14.00 Uhr ist auch die Zeit, wo die Veranstaltung, die anzuschauen ich gekommen bin, losgehen soll ... Einmal oben im Großen Saal angekommen bekomme ich tatsächlich noch den letzten spärlichen Sitz. Vor mir sitzt Konstantin Klein und bestätigt mir, dass das Konferenz-Internet ... wieder nicht funktioniert. Los mit dem Vortrag geht's natürlich nach all meinem Beeile auch erst eine Viertelstunde später.

Tag 2, 14.16 Uhr: Internet-Ethik, Peter Glaser

Sehe, krass, es gibt eine Gebärdensprachedolmetscherin, die Peter Glaser in Handbewegungen übersetzt. Er hat sich mit der Frage nach sozialer Ethik fürs Internet ein spannendes Thema gegriffen, dessen Erörterung ich leider nur so halb folgen kann: Der Vortragsmodus ist meiner Aufmerksamkeit als Ablesen eines fertig geschriebenen Textes nicht gerade zuträglich, pointiert nur von einer Slideshow japanischer Hinweisschilder zum sozialen Verhalten im Alltagsverkehr (die ich leider wegen Standort des Pfeilers direkt vor meinen Augen nicht so recht sehen kann). Mich erreichen punktuell die vielen großartigen kontexterweiternden Bonmots, Anekdoten und begrifflichen Auflösungen vieler gern als unauflösbar gedachter Phänomene; Glaser scheint fähig, sie geradezu fabrikmäßig hervorzustoßen; die Gesamtargumentationsstrecke darunter bekomme ich aber nicht zu greifen.

Immerhin, das bekomme ich mit: Er sieht Google kritisch, weil er nicht mag, dass die privatwirtschaftlich motivierten Algorithmen einer Firma bestimmen, wie sich das Wissen der Welt gewichtet und wie die Biographien von Personen bewertet werden. Auch scheint er die totale Zugänglichmachung und ständige Erneuerung von Informationen nicht bedingungslos zu begrüßen, als nehme sie manchem Wissen seinen Reiz und sein Gewicht. (Nachtrag: Habe jetzt nochmal das Vortragsmanuskript hier nachgelesen und kann für letzteren Satz keinen Beleg finden, vielleicht habe ich ihn mir auch nur eingebildet.)

  Tuesday April 7, 2009

re:publica'09 #9: Doener and beyond

Nun sei eine einstuendige Pause, wird verkuendet. Ich fluechte wie scheinbar die gesamte Konferenz auf die in Folge ueberfuellte Treppe vor dem Eingang des Friedrichstadtpalastes, lasse mich als Teil der Bausteln-Crew von einem Profifotografen fotografieren und entschwinde dann mit letzterem (dem Profifotografen) zu einer langen und beschwerlichen, aber letztlich erfolgreichen Jagd nach einem Doener.

Nach der Rueckkehr setze ich mich eine Minute in das "Grossstadtnomaden"-Microblogging-Panel, nur um mal von mir sagen zu koennen, mal Cem Basman reden gehoert zu haben. Nachdem der Punkt auf meiner Lebens-Todo-Liste abgestrichen ist, geh ich wieder raus, fuehre anregende Gespraeche ueber Internet-Meme und partizipiere noch an einem gemeinschaftlichen /b/-Surfen.

Nach Rauswurf aus dem schliessenden Friedrichstadtpalast geht's Richtung Kalkscheune. Dort will der Eingang Taschen- und Flaschenkontrolle machen bzw. dass Flaschen, die man mithabe, abgegeben werden. Da ich weder Lust habe, meine Pfandflaschen (Club Mate, die ich mitbringe, nehme ich, einmal geleert, auch wieder mit) zu verlieren, noch, meine nur fuer die stete Neuauffuellung mit Leitungswasser einmal gekaufte Mineralwasserflasche nochmal neu zu kaufen (auch das kostet ja Geld!), und auch Widerstreben dagegen empfinde, ueberhaupt, zumal nach Gewaehrung meines re:publica-Eintrittsbaendchens, meine Besitztuemer kontrollieren zu lassen, entscheide ich mich gegen die Party in der Kalkscheune. Ich muss eh nach Hause und noch wichtiges Zeugs fuer morgen erledigen.

  Wednesday April 1, 2009

re:publica'09 #8: 4chan

16.28 Uhr:

Jetzt wird es gefaehrlich, denke ich mir: "moot", der Koenig von 4chan, spricht. Und zwar vor einer Wand, auf die Textnachrichten via SMS sendbar sind, mit (in ihren letzten Stellen) anonymisierten Nummern: kurz; Anonymous. Aber meine Befuerchtungen sind unnoetig: "moot" liefert eine voellig nuechterne und sachliche Beschreibung des technischen Forenaufbaus von 4chan, der Demographie seiner Nutzer (angeblich "18-34 years old", zumindest die erste Zahl bezweifle ich, bei all dem Webcam-Jailbait, den man da geliefert bekommt; die "male-female ratio" 2:1 dagegen koennte hinkommen, in Anbetracht des Weiblichkeits-Anteil bei diesem Webcam-Jailbait), der Usability der Seite ...

Gut, irgendwann faengt auch an mit den radikaleren Eigenschaften, der "zero barrier to entry", der Anonymisierung der Nutzer, der Filterlosigkeit der Seite; man kann sich die Flut denken, die aus solchen Eigenschaften emergieren mag, vor allem, wenn man mal einen Blick in 4chan hineingeworfen hat, aber moot verkneift es sich vollstaendig, das Ergebnis auch nur anzudeuten.

Die Wand hinter ihm wird dieweil langsam von Anonymous gekapert: "4chan /s/ pedobear approved", "Twitterwall is slow. Repost from Twitter: 4chan talk. urge to shout "GTFO NAMEFAG" #sage #rp09", "hi,my name is boxxy" ... Und dann startet die Rezitation eines gewissen Rick-Astley-Liedtextes Zeile fuer Zeile, wohlgemerkt jede von einer anderen Telefonnummer. Und dann leert sich die Wand und schaltet sich vollstaendig ab.

moot bleibt dabei unbeeindruckt, auch durch die Verhaltenheit der Publikumsreaktion. Dafuer wird sein Thema jetzt fuer mich als Referent des morgigen "Egoistischen Mems" interessanter, denn er geht nun doch zumindest ein auf die aussenperspektivisch zwar irritierende aber immer noch (zumindest in der angestaubten Postmoderne) gesellschaftsvertraeglich erscheinende Wirkung als Ursprung von eher durch Absurditaet statt Aggressivitaet auffallenden Memen wie LOLcats und Rick Roll; das fuehrt zu Fragen wie "Wie entsteht ein erfolgreiches Mem?" bzw. "Was ist da der Selektionsdruck?", denen ich mich morgen auch widmen will. Einige Stichworte, die er als Merkmale erfolgreicher Meme in den Raum wirft (und zu denen ich morgen noch Einiges auszuweiten hoffe): "Appeal", "Accessibility", "Timing", "Relevance" (aber letztlich sei "unpredictable", was sich durchsetze, was man natuerlich auch als blosse Kapitulation des in seinen Komplexitaetserfassungen beschraenkten menschlichen Geistes vor dem Chaos der Evolution lesen kann) und als Spielfeld-Bedingungen "openness" und "limit restraints"/"don't stifle creativitiy".

Und am Ende schwallt ihm ein grosser Applaus entgegen, der (zumindest in meiner Fantasie) so klingt, als beziehe er sich weniger auf seine (solide, aber unspektakulaere) Vortragskunst eben, sondern auf seine Rolle als die eine Pandora, die bereit war, die Buechse zu oeffnen.

Kommentare [1]   Wednesday April 1, 2009

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